Hilfe aus Volksdorf wird dankbar angenommen – Rettung in der Not
Schnell und unbürokratisch Hilfe leisten, wo Hilfe nötig ist: Genau das haben die Brüder Mathias und Sebastian Conrad und der Volksdorfer Unternehmer Kai Lingner getan. Sie haben gemeinsam dafür gesorgt, dass die Familie von Martin Groß in Rheinbach einen dringend benötigten Bautrockner erhält. Flutopfer Martin Groß berichtet dem Heimat-Echo, wie er die Flut erlebt hat und wie er versucht, ein paar Habseligkeiten aus den Schlammmassen zu retten.
Von Stephanie Rutke
Beim Unwetter am 17. Juli ist der Keller des Hauses von Martin Groß in Rheinbach vollgelaufen. „Der 17-jährige Sohn Mats war allein zu Hause und musste hilflos mitansehen, wie das Wasser kam“, erzählt Heimat-Echo-Sportredakteur Sebastian Conrad. Vater Martin und der jüngere Bruder Malte waren im Urlaub in Spanien, zwei Tage mit dem Auto entfernt. „Ich hatte beruflich in Freiburg zu tun, als ich am 17. Juli von den Situation in Rheinbach erfuhr“, erinnert sich Sebastian Conrad. Auf dem Rückweg nach Hamburg ist er nach Rheinbach gefahren, um zu helfen. „Erste Station war ein Baumarkt in Heidelberg, wo ich Schaufeln, Besen, Handschuhe und Mülltüten gekauft habe“, so Conrad. Dann ging es weiter ins Flutgebiet.
„In Rheinbach sah es desaströs aus“
„Die Anfahrt von Süden war nicht möglich, weil die Autobahnen überflutet und gesperrt waren“, erinnert er sich. Deshalb ist er über Bonn gefahren. „In Rheinbach sah es desaströs aus“, berichtet er. Vor den Häusern lagen meterhohe Schuttberge, die Menschen haben sich bei den Aufräumarbeiten gegenseitig unterstützt.
Conrad hat überall große Solidarität erlebt. In der Straße von Familie Groß haben die Nachbarn und Fußballkollegen von Mats geholfen. Sebastian Conrad hat sich Gummistiefel geliehenen und stundenlang im vollgelaufenen Keller gearbeitet. Zeitgleich kam Martin Groß aus Spanien zurück.
„Der erste Anblick war ein Riesenmüllberg“, erinnert er sich. Die Waschmaschine, Kuscheltiere, die Modelleisenbahn – alles voller Schlamm und aufgeweicht. Einige Schätze konnte er retten: „Wir haben Fotos gefunden und getrocknet und die Grundschulzeugnisse der Kinder.“ Ein wichtiges Fundstück ist seine Geburtsurkunde, die in einem Ordner aufgetaucht ist. Der Tannenbaum von Familie Groß wird wohl in diesem Jahr etwas anders aussehen als gewohnt: Genau drei Tannenbaumanhänger hat Martin Groß aus dem Müllberg geborgen.
Im Vergleich zu anderen Hausbesitzern ist er noch glimpflich davongekommen: Das Wasser reichte bis zur ersten Treppenstufe im Erdgeschoss, der Keller war bis unter die Decke vollgelaufen. „Im Keller haben wir drei Räume ausgeleert“, berichtet Heimat-Echo-Redakteur Sebastian Conrad. „Wir haben alles in den Garten getragen und geguckt, was zu retten ist“, erinnert er sich. „Es roch nach Schlamm und moderig, in Nachbarhäusern sind Öltanks geplatzt, das war schlimmer“, so Conrad. Die Familie Groß hat er unterschiedlich erlebt: Der 17-jährige Mats war fix und fertig, der jüngere Sohn hat sich zurückgezogen, der Vater war erstaunlich gefasst und hat nach vorne geblickt. Inzwischen geht es allen wieder gut und die Vorbereitungen für die Kellertrocknung laufen. „Ich bin dankbar für die Unterstützung aus Volksdorf und dafür, dass Kai Lingner so spontan hilft“, sagt Martin Groß. Er hofft jetzt, dass die Schäden am Haus über die Elementarschadenversicherung abgedeckt sind. Eine Hausratversicherung hat er nicht.
In der unmittelbaren Nachbarschaft in Rheinbach sind drei Menschen umgekommen, andere hatten Glück im Unglück. Einer der Helfer hat nachts auf der Straße im 1,5 Meter tiefen Wasser gestanden, konnte sich aber in einen Hauseingang flüchten. Dort wurde er am nächsten Morgen von der Feuerwehr gerettet.
Opfer hoffen auf Trockner aus Volksdorf
In Volksdorf bei Kai Lingner, Inhaber der Firma Blaue Elise Bautrocknung, klingelt immer wieder das Telefon. „Ich erhalte Anrufe von Privatleuten aus den vom Hochwasser betroffenen Gebieten, die verzweifelt auf der Suche nach Bautrocknern sind“, erzählt er. Sie recherchieren im Internet und telefonieren deutschlandweit Firmen ab. Lingner leistet hier gerne Hilfe. Er besitzt 60 Trocknungsgeräte mit entsprechendem Zubehör wie Kondensatpumpe und Windmaschine. Bis Montag hatte er schon 20 davon ins Katastrophengebiet verliehen. „Ich berechne dabei nur einen Teil der Geräte, der Rest ist meine Spende an die Flutopfer“, so der engagierte Unternehmer.
Er leistet damit eine tägliche Spende in Höhe von rund 65 Euro und das für rund zwei Monate. Wenn wie bei Familie Groß in Rheinbach ein 20 Quadratmeter großer Kellerraum getrocknet werden muss, dauert das schätzungsweise sechs bis sieben Wochen, so der Fachmann. „Man rechnet pro Zentimeter Estrich etwa eine Woche“, erklärt er. Nach gut fünf Stunden Fahrt hatte der gut 32 Kilogramm schwere Bautrockner samt Feuchtigkeitsmesser Familie Groß am Montag erreicht. Nach einem Helfertag im Kastastrophengebiet ging es für Fahrer Mathias Conrad wieder zurück.
Für Kai Lingner ist sein Hilfseinsatz auch noch nicht beendet. „Ich habe noch einen Anruf erhalten von Bekannten aus Ahrweiler“, erzählt der Unternehmer. Wieder war es eine Anfrage nach Bautrocknern. „Ich habe noch zwölf Geräte bei mir stehen“, sagt er. Wenn der Bedarf da ist, will er nicht nur seinen Bekannten ein Gerät ausleihen, sondern alle vorhandenen Geräte in den Transporter packen und sich selbst auf den Weg machen. Er ist einer von vielen Unternehmern, die helfen, wo sie können.
Last modified: 30. Juli 2021