In der Krippe der Heilig-Kreuz-Kirche steht auch der Polizist Norbert Schmid, der von RAF-Terroristen ermordet wurde
VOLKSDORF Ab Heiligabend steht in der katholischen Kirche in Volksdorf wieder eine ungewöhnliche Weihnachtskrippe. Denn um Maria, Josef und den neugeborenen Jesus scharen sich nicht die traditionellen Hirten. Doch lesen Sie selbst…
Von Marius Leweke
Ein Polizist erweist seinen Respekt, die Mütze unter dem Arm. Ein Priester betet auf Knien und ein Mädchen trägt einen Korb. Mit der 1979 fertig gestellten Krippe versucht die Gemeinde Heilig-Kreuz die Bedeutung von Christi Geburt auch für die moderne Zeit sichtbar zu machen. Mit den von Bildhauer Norbert Ahlmann geschnitzten Figuren hat es eine besondere Bewandtnis: Sie stellen Menschen mit Bezug zu Hamburg und den Walddörfern und dem Alstertal dar, die tatsächlich gelebt haben. Der Polizist ist Norbert Schmid, vor 50 Jahren von Terroristen erschossen und auf dem Friedhof in Volksdorf begraben wurde. Das Mädchen mit dem Korb stellt Andrea Reckers dar, die im Alter von zwölf Jahren bei einem Verkehrsunfall starb.
„Es fragen immer wieder Leute, ob es stimmt, dass unsere Krippenfiguren Menschen darstellen, die wirklich gelebt haben“, erzählt die pensionierte Gemeindereferentin Elisabeth Lippok. Sie kennt die Geschichte zu jeder einzelnen Figur, die schon seit mehr als 40 Jahren das Gemeindeleben an Weihnachten prägen.
Vertreter des Bischofs in Volksdorfer Krippe
Der still betende Priester erinnert an den Prälaten Bernard Wintermann (1876 bis 1959). Der aus dem Emsland stammende Geistliche kam 1901 nach Hammerbrook und wurde im katholischen Hamburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur prägenden Figur. Wintermann übernahm das Pfarramt in St. Marien und saß beispielsweise ab 1932 für die katholische Zentrumspartei in der Hamburger Bürgerschaft. Als „Pastor Primarius“ – erster Pastor – war er der Vertreter des Bischofs. Die Katholiken in der hanseatischen Diaspora wurden damals noch von Osnabrück aus verwaltet. Unter der Ägide Wintermanns erhielten unter anderem die Gemeinden Heilig-Kreuz in Volksdorf (1934), St. Bernard in Poppenbüttel (1948) und St. Wilhelm in Bramfeld (1956) erste eigene Kirchen. „Das war sehr wichtig für die Walddörfer und das Alstertal“, betont Elisabeth Lippok.
Neben den Zeitgenossen versammeln sich auf der von der Hamburger Malerin Lucia Meiling-Eckhold gestalteten hölzernen Erdkarte, auf der die Figuren stehen, aber auch allegorische Figuren, die die Völker der Welt symbolisieren. An der Volksdorfer Krippe „Licht über Hamburg“ versammeln sich stellvertretend auch ein Missionar aus Afrika, ein chinesischer Reisebauer und aus Amerika zwei Vertreter indigener Völker und ein argentinischer Gaucho.
Die Heilig-Kreuz-Kirche in der Farmsener Landstraße 181 steht tagsüber zwischen 10 und 18 Uhr allen Besuchern offen, lediglich zu Gottesdiensten ist eine Anmeldung (www.heilig-kreuz-volksdorf .de) notwendig.
Last modified: 22. Dezember 2021