Acht Wochen heißt es im Ortskern dann: flanieren statt parken
VOLKSDORF Jetzt geht‘s los: Zwei Jahre nach dem Beschluss der Bezirksversammlung wird der Volksdorfer Ortskern im Bereich Im Alten Dorfe und Claus-Ferck-Straße vom 14. Mai bis zum 15. Juli zum Testobjekt für ein autoarmes Zentrum. Das Motto: Flanieren statt parken. Ein Projekt, das schon im Vorfeld für Diskussionen sorgte.
Von Matthias Damm
Für die einen ist es die Flaniermeile mit der Aussicht auf ein entspanntes und grünes Einkaufen mit mehr Verweilmöglichkeiten. Viele Geschäftsleute haben dagegen Sorge, dass durch den Wegfall von 70 Parkplätzen in den beiden Straßen Kunden ausbleiben. Nach acht Wochen Test wird der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt und das Ergebnis bewertet.
Burger-Truck und Gemüsebeet
Der neue Raum, der durch den Wegfall der Parkplätze entsteht, soll aktiv genutzt werden. Gewerbetreibende, Anwohner, lokale Initiativen und Schulen wurden aufgefordert, Vorschläge einzubringen. Eine Ausweitung der Außengastronomie inklusive eines Burger-Trucks ist auf dem aktuellen Lageplan bereits erkennbar, Pflanz- und Begrünungsbereiche, ein Gemüsebeet, Sandflächen zum Spielen, diverse Sitzgelegenheiten, ein Büchertauschregal sowie Eventflächen für künstlerische Aktivitäten sind vorgesehen. Was genau auf den als Gewerbeflächen ausgewiesenen Bereichen passiert, konnte Projektleiter Dr. Tim Roesler vom Bezirksamt Wandsbek auf Nachfrage noch nicht sagen.
Parkplätze für Menschen mit Behinderung und Taxis sind eingeplant, Lastenfahrräder haben eigene Stellflächen, Anlieferungszonen sind ausgewiesen und ein Kiss & Ride-Platz für PKW bietet die Möglichkeit zum Aus- und Einsteigen, denn: Der Ortskern wird autoarm, aber nicht autofrei. Die bisher geltenden Durchfahrtsmöglichkeiten bleiben auf eingeengter Straßenbreite bestehen. Damit ist mehr Rücksicht als bisher von Fußgängern, Rad- und Autofahrern gefragt. Rund 300.000 Euro kostet der Umbau zur Flaniermeile, die etwa 400 Meter lang ist.
Kritische Stimmen zur Flaniermeile in Volksdorf
Bereits während der achtwöchigen Probephase wird es laut Tim Roesler Verkehrszählungen und Befragungen von Anwohnern, Passanten und Gewerbetreibenden geben. Darüber hinaus seien Workshops geplant, in denen die Flaniermeile bewertet wird. Besonders die Gewerbetreibenden im Ortskern fordern mehr Informationen und Beteiligung und haben auf der Internetseite ihres Verbandes für Mittel- und Großbetriebe im Einzelhandel (VMG) alternative Vorschläge in einem 13-Punkte-Plan zusammengefasst. Demnach sollen 50 Prozent der Parkmöglichkeiten als Kurzzeitparkplätze erhalten bleiben, Ausgleichsparkflächen außerhalb der Ortsmitte angeboten und im Zuge einer Gehwegverbreiterung und Barrierefreiheit unter anderem ein modernes Lichtkonzept mit attraktiver Möblierung installiert werden.
Bettina Haller vom Wiener Kaffee Haus sieht es so: „Mich haben mehrere Gäste angesprochen, die den Volksdorfer Ortskern in den kommenden acht Wochen meiden werden, weil eine direkte Anfahrt mit dem Auto gerade für ältere Menschen wichtig ist. Ich bin sehr für eine Aufwertung der Ortsmitte, aber bitte nicht im Hauruckverfahren, sondern mit einem nachhaltigen Konzept, das auch wir Geschäftsleute mittragen.
Ergebnisoffenheit ist gefragt
Es wird interessant und spannend, welche Erfahrungen die Kunden und Gäste mit der Flaniermeile machen und wie die Einzelhändler, Ärzte und Dienstleister das Projekt bewerten. Schließlich läuft der Test in der warmen Jahreszeit, wo sich jeder gerne draußen aufhält. Wie groß ist aber die Lust am Flanieren und Verweilen im Herbst und Winter? Solche und viele weitere Fragen und Anregungen sollte ein Konzept beantworten, das als Ergebnis einer professionellen und ergebnisoffenen Evaluierung der kommenden acht Wochen präsentiert wird.
Infos aus dem Bezirksamt Wandsbek zur Flaniermeile unter www.flaniermeile-volksdorf.de
Infos der Volksdorfer Geschäftsleute im VMG unter
www.vmg-nord.de/volksdorf-bewegt
Last modified: 10. Mai 2022