Walddörfer Stadtteilschule richtet IVK-Klasse ein
VOLKSDORF Zum 1. Mai richtete die Walddörfer Stadtteilschule eine Internationale Vorbereitungsklasse (IVK) in der Stufe 9 für 18 nicht deutschsprechende Jugendliche ein. Die meisten Mädchen und Jungen kommen aus der Ukraine und bringen Fluchterfahrung mit – wie es im Amtsdeutsch nüchtern formuliert heißt. Beunruhigende Wochen liegen hinter den Jugendlichen und gerade ihnen gibt der neue Schul-Alltag Sicherheit und Halt.
Von Elke Becker
Die Atmosphäre im IVK-Raum wirkt freundlich, ausgelassen und fast heiter. Die Botschaft auf dem Willkommensposter hinterm Lehrerpult wird hier gelebt. „Die Schüler sind enorm lernfreudig“, erzählt der aus Russland stammende Pädagoge Vitali Mordvintsev. Er leitet den Unterricht zusammen mit seiner ukrainischen Kollegin Nataliia Babych. „Ich bin beeindruckt, dass die Kinder sich schon wieder freuen können.“ Keine Selbstverständlichkeit nach den Strapazen der letzten Monate.
Eine wahre Odyssee hat der 15-jährige Mykhailo aus Kharkiv, der nach Kiew zweitgrößten Stadt im Nordosten der Ukraine, hinter sich. Über drei beschwerliche Tage dauerte die Fahrt per Bus und Zug bis zur polnischen Grenze. Dort musste er mit seiner Mutter einen Tag lang ausharren, bis sie endlich Richtung Deutschland konnten. Darauf folgten zwei Wochen in einem Hamburger Flüchtlingslager und große Ungewissheit, wie alles weitergehen sollte.
Große Hilfsbereitschaft durch Privatinitiativen
Ihnen wurde – wie aktuell vielen Flüchtlingen in Hamburg, dank einer privaten Initiative geholfen. Via Internet fanden Mykhailo und seine Mutter eine kleine Wohnung. Eine hilfsbereite Privatperson hatte die Unterkunft im Netz angeboten. Der jetzt gestartete Schulbesuch ist ein weiterer wichtiger Ankerpunkt im Leben des jungen Ukrainers. Normalität kann einkehren und der Alltag bekommt wieder vertraute Strukturen.
Aktuell werden in Hamburg 3.279 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine über das ganze Stadtgebiet verteilt beschult. 359 Klassen wurden dafür bislang an 140 Schulen eingerichtet. Doch immer noch gibt es eine lange Warteliste. 100 zugewanderte Mädchen und Jungen warten noch darauf, endlich wieder in die Schule gehen zu dürfen. Deshalb plant die Schulbehörde die Einrichtung von weiteren zehn Klassen, um allen Kindern Bildungsmöglichkeiten zu schaffen.
Die Chance auf Bildung – für die 15-jährige Katja aus Odessa ist sie bereits Realität geworden. Seit zwei Monaten lebt sie mit Mutter und Schwester in Hamburg. Katja lobt die freundliche Atmosphäre und die tolle Ausstattung der Schule. Vor allem die freundliche Ansprache durch die Lehrer unterscheide sich schon etwas von ihren Erfahrungen aus der Heimat. Ihre Lieblingsfächer sind Deutsch und Englisch. Auch wenn sie die Heimat sehr vermisst, kann sie sich vorstellen, in Deutschland zu bleiben – auch dann, wenn der Krieg endlich vorbei sein sollte.
Flüchtlingskinder wollen sich integrieren
Stefan Ullmann, Leiter der Mittelstufe an der Stadtteilschule Walddörfer, lobt die große Bereitschaft der Integration bei den Flüchtlingskindern. Alle sind um Kontakte und Anschluss bemüht. „Hilfreich für den Unterricht war auch die Tatsache, dass das Alphabet bei fast allen Schülern schon bekannt war. „Eigentlich hatten wir uns auf eine Alphabetisierung eingestellt“, so Stefan Ullmann.
Gesprächsangebote werden angenommen
Um den Neuankömmlingen den Start so leicht wie möglich zu machen, gibt es bei den Walddörfern seit dem ersten Tag in der Mensa ein gemeinsames Mittagessen für Schüler und Lehrer. „So haben wir zwanglos die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen“, erläutert der Pädagoge, „ein Angebot, das dankbar angenommen wird“.
Last modified: 1. Juni 2022