Die Schülerfirma „Das grüne Kollektiv“ verkauft wieder Selbstgezogenes
VOLKSDORF Unweit des Schemmann-Spielplatzes bevölkern zwei strubbelige Schweine, eine Hühnerschar, mehrere Enten und engagierte Schüler ein riesiges Gartengelände. Das große Glashaus sieht man schon von weitem. Darin: vorgezogene Wildstauden und Gemüse-Jungpflanzen, die bis zum 18. Mai feilgeboten werden.
Von Anja Krenz
Durch Lockdowns und Reiseeinschränkungen entdecken immer mehr Menschen das sogenannte Home-Farming für sich: Eigenes Gemüse anzubauen liegt voll im Trend. Umso besser, wenn man als Neu-Gärtner professionell vorgezogene Jungpflanzen in Bio-Qualität erstehen kann, um damit die frischangelegten Beete oder die Balkonkübel zu bestücken. Ab dem 12. April bietet die Naturschule „Wilde Zeiten“ an der Schemmannstraße tausende Gemüsejungpflanzen und Wildstauden an.
Allein 50 historische Tomaten-, 30 Chili- und 15 Salatsorten gibt es. Dazu Kohlrabi- oder Selleriezöglinge und rote, weiße, gelbe und geringelte Bete. „Die Vielfalt bei uns ist besonders“, betont Alexandra Warnke, die zusammen mit ihrem Mann Lars das 2,5 Hektar große Gelände vor neun Jahren von der Stadt gepachtet hat. In Kooperation mit der Stadtteilschule Walddörfer gründeten die beiden Umwelt-Pädagogen die Schülerfirma „Das grüne Kollektiv“, die jahrgangs- und klassenübergreifend agiert und nachhaltig wirtschaftet. „An die 100 Schüler arbeiten regelmäßig mit“, sagt Warnke. Ab der achten Klasse übernehmen die Jugendlichen die Pflege der Tiere und lernen nach und nach alles über Gartenbau. Ab der neunten Klasse bekommen Kleingruppen eine eigene Parzelle, die sie mit ihren Lieblingssorten bestellen dürfen. Die Oberstufenschüler sind u. a. für das Saatgut-Archiv mit knapp 400 Sorten zuständig: Jedes Jahr werden aus der Ernte Samen gewonnen, um die alten Sorten zu erhalten.
Ein mustergültiger Kreislauf
Die Schülerfirma möchte zu einem Umdenken beitragen und helfen, die Entwicklung umzukehren: „Der Mensch hat die Lebensmittelproduktion industrialisiert“, heißt es in der liebevoll gestalteten, 60 Seiten umfassenden Informationsbroschüre. „Wir möchten Vorbild sein für die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt!“ Das wird erreicht durch Geduld statt beheizter Treibhäuser, Humus statt Nährlösungen und natürliche Artenvielfalt statt genetischer Manipulation. Mehrere Bienenstöcke gibt es auf dem Gelände. Und damit die kleinen Honigproduzenten und ihre nützlichen Insektenkollegen das ganze Jahr über Nahrung finden, schaffen die Schüler Nistmöglichkeiten und legen große Blühstreifen an. Sieben Komposthaufen werden reihum mit den Gartenabfällen gefüttert und von einem Gärtner vom Gut Wulfsdorf mit Blühstauden bepflanzt.
Das leidige Schneckenproblem lösen die Tiere auf dem Gelände. „Als wir hier anfingen, haben wir eimerweise Nacktschnecken eingesammelt. Zum Glück haben sich unsere beiden neuseeländischen Kunekune-Schweine darauf gestürzt, als sei es die beste Pasta der Welt“, erinnert sich Alexandra Warnke. Auch die Vorwerk-Hühner, eine alte Hamburger Rasse, helfen bei der Eliminierung der schleimigen Invasoren, die in einer Nacht schon mal ein Salatbeet kahlfressen: „Die Hühner spüren beim Scharren die Schneckengelege auf und vertilgen sie.“ Ein mustergültiger Kreislauf der Natur.
Jede Menge Arbeit
Was noch fehlt, ist ein Beerenobstgarten, der mit 150 alten Sorten bestückt werden soll. Nach langer Planung geht es nun an die Realisierung: Die 600 Sträucher, die in Kooperation mit dem Pomarium Gut Wulfsdorf angebaut werden sollen, sind schon da. Doch bevor sie ihren endgültigen Platz erhalten, will das Grüne Kollektiv noch Hochbeete bauen, die 40 Zentimeter hoch mit Erde befüllt werden sollen. Bei einer 1.500 Quadratmeter großen Fläche lässt sich abschätzen, dass dafür viel Holz benötigt wird. „Das müssen wir tatsächlich kaufen“, sagt Lars Warnke. Genau für solche Fälle haben er und seine Frau den Verein „Durch Erleben lernen e.V.“ gegründet. Dadurch haben die beiden Ehrenamtlichen die Möglichkeit, die nötigen Summen über Stiftungsgelder und Spenden von Privatleuten zu generieren. Es wartet also weiterhin jede Menge Arbeit auf die Warnkes und ihre Schüler. Für den Pflanzenmarkt steht der Endspurt an. Die Wochenenden werden durchgeackert, damit auch wirklich alles für den Verkauf vorbereitet ist.
Pflanzenmarkt in der Schemmannstraße 56
12. April bis 18. Mai, Corona-konform,
Mo – Sa: 14 bis 18 Uhr, So: 10 – 15 Uhr
Infos unter: das-gruene-kollektiv.de
Last modified: 6. Mai 2021