WALDDÖRFER/ALSTERTAL In 65 Jahren Heimat-Echo hat sich das Erscheinungsbild der Polizei in der Öffentlichkeit kräftig gewandelt: von der Polizeirevierwache in fast jedem Stadtteil hin zu einem Polizeikommissariat für die Walddörfer und das Alstertal, vom Schutzmann mit Hund zur Funkstreifenbesatzung mit Smartphone. Neben viel Tagesroutine gab es auch spektakuläre Einsätze. Die Schichtdienste für eine rund um die Uhr Verfügbarkeit sind geblieben, aber vor allem hat sich die Schnelligkeit in der Abfolge der Ereignisse von einer Alarmierung bis zum Einsatzbericht deutlich erhöht. Jan Fedkenhauer, Chef im PK 35 am Wentzelplatz, mit Rückblick und aktuellem Stand der Dinge.
Von Matthias Damm
Heute leitet Jan Fedkenhauer das Polizeikommissariat 35 mit 122 Beamten, 87 Kollegen davon im Schichtdienst. „Das war natürlich früher ganz anders, da hatte jeder Stadtteil quasi seinen Dorfsheriff mit zwei Kollegen. Zum Teil ging man mit dem Diensthund Streife, auch eine Reiterstaffel gab es hier draußen. Diese Beschaulichkeit ist vor allem wegen der über die Jahre stark gewachsenen Bevölkerung in unserem Einsatzgebiet längst Vergangenheit“, so der PK-Chef. Neun Stadtteile mit rund 80 Quadratkilometern Fläche zählen zum Gebiet seines PK 35, dazu auch die Außenstelle in Volksdorf, die als einzige der ehemaligen Ortsdienststellen aktiv ist.
Technischer Fortschritt und hohes Tempo
Das ist schon ein großes Gebiet, in dem die Funkstreifenwagen unterwegs sind. „Früher habe ich zum Beispiel nach einem Verkehrsunfall Notizen gemacht, fuhr dann in die Dienststelle und tippte auf der Adler Triumph Schreibmaschine einen Bericht mit fünf Blaupapier Durchschlägen“, sagt Jan Fedkenhauer. „Korrekturen waren unendlich lästig. Die elektrische Kugelkopfmaschine mit Korrekturtaste war dann eine Revolution. Seit Mitte der 90er-Jahre arbeiten wir vernetzt an Computern und seit einigen Jahren haben die Kollegen im Außendienst ein Smartphone.“
Schnell und komfortabel arbeiten
So lassen sich Kennzeichenabfragen und einfache Anzeigen sehr schnell direkt erledigen. Klar sei aber auch, dass sich dadurch das Tempo und die Abfolge im Dienst deutlich erhöht hätten. Für die jüngeren Kollegen sei das weniger ein Problem, aber alle müssten damit klarkommen.
Schichtdienst und belastende Einsätze
Polizeibeamte gehen mit 60 Jahren in den Ruhestand. Der Grund dafür ist vor allem der belastende Schichtdienst. Der PK-Chef: „Im früheren System hatte man zum Beispiel von Montag bis Samstag Frühdienst, dann den Sonntag frei und ab dem folgenden Montag drei Wochen lang im Wechsel Spät- und Nachtdienst, danach einen Tag frei. Heute sind alle froh, dass dieses nicht gerade sozial freundliche Schichtsystem vor sechs Jahren geändert wurde. Auf zwei Tagesschichten und eine Spätschicht folgen nun zwei Nachtschichten, dann hat man drei Tage am Stück frei.“ Einsätze mit Verletzten oder gar Toten fordern die Polizeibeamten stark, besonders wenn Kinder betroffen sind. Jan Fedkenhauer: „Keiner bleibt in so einer Situation unberührt. Viele Kollegen brauchen professionelle Betreuung. Früher hat man sich nach einem belastenden Einsatz mit den betroffenen Kollegen auf ein Bier getroffen, heute steht mit unserem betrieblichen Gesundheitsmanagement eine ausgezeichnete psychologische Betreuung zur Verfügung. Darüber bin ich sehr froh.“
Norbert Schmid, das erste Opfer der RAF
Betritt man das Gebäude des PK 35, erinnert gleich am Eingang eine Gedenktafel an einen erschütternden und spektakulären Fall: die Ermordung des Polizeibeamten Norbert Schmid am 22. Oktober 1971 durch die RAF. Norbert Schmid und sein Kollege Heinz Lemke beobachten als Zivilfahnder eine junge Frau, die spät nachts aus der AEZ Tiefgarage kommt. Ein Mann und eine Frau folgen ihr. Die Beamten entscheiden sich für eine Personenüberprüfung. Die drei, die später als die RAF-Mitglieder Margit Schiller, Irmgard Möller und Gerhard Müller identifiziert werden, fliehen hinter ein Wohngebäude, es fallen Schüsse, Norbert Schmid wird tödlich getroffen. Jan Fedkenhauer: „Die Kollegen wussten damals nicht, wen sie verfolgten, Norbert Schmid bezahlte das mit seinem Leben. Für mich als Vorgesetzten ist es deshalb jeden Tag das Wichtigste, dass alle meine Kollegen unversehrt vom Dienst zurückkehren.“
Last modified: 7. September 2022