DUVENSTEDT Abstand zur Stadt und trotzdem ganz nah dran: Das 1500 Hektar große Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook ist ein guter Platz, der heimischen Natur näher zu kommen.
Von Marius Leweke
Der Vormittag ist die beste Zeit. Es liegt eine fast heitere Ruhe über den Wiesen, entlang derer der Weg vom Informationszentrum, dem BrookHus, tiefer in das Sumpfgelände führt. Ein Kranich erhebt sich mit weit ausgebreiteten Schwingen. „Der Kranich ist so etwas wie unser Wappenvogel hier im Brook“, erzählt Stefanie Zimmer vom NABU Hamburg. Die Umweltpädagogin betreut gemeinsam mit der Hamburger Umweltbehörde das Gebiet. Wegen der schneearmen Winter der vergangenen Jahre ziehen die großen Vögel auch in der kalten Jahreszeit nicht mehr nach Süden. „Sie finden hier genug Nahrung und können sich im Frühjahr die besten Nistplätze suchen.“ Als Bodenbrüter sind sie auf feuchte Böden angewiesen, damit die Fressfeinde nicht zu den Nestern finden.
Von der Eiszeit in die Gegenwart
Entstanden nach der letzten Eiszeit vor 15.000 Jahren war der Brook – so die norddeutsche Bezeichnung für sumpfiges, von Wasser durchflossenes Gehölz – einem stetigen Wandel unterzogen. Wälder wurden abgeholzt, Weiden angelegt und die Moore im 19. und 20. Jahrhundert durch Torfabbau reduziert. In den 30er-Jahren wurde auf Betreiben jagdliebender NS-Größen ein umzäuntes Wildgehege eingerichtet, das nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel. 1958 schließlich erklärte die Stadt Hamburg den Duvenstedter Brook zum Naturschutzgebiet. In den folgenden Jahren sorgten Naturschutzorganisationen für die Renaturierung von Mooren und legten Teiche an, um Wassertieren eine Heimstatt zu bieten.
Heute macht diese Mischung aus Sumpf, Grasland und Erlen-, Buchen- und Eichenwald den besonderen Reiz des Gebietes aus. „Wir haben hier 600 unterschiedliche Pflanzenarten, fast 40 Säugetier- und 100 Brutvogelarten“, zählt Stefanie Zimmer auf. Hinzu kommen Frösche, Schlangen und Eidechsen sowie Schmetterlinge und Libellen. „Bei denen wird die Population aber durch die anhaltende Trockenheit zurückgehen, weil die Larven mehrere Jahre eine nasse Umgebung brauchen“, so Stefanie Zimmer. Auch bei anderen Tierarten wird sich der Klimawandel auswirken, so die Expertin. Sie hat auch beobachtet, dass sich andere Arten, etwa der Wachtelkönig und der Pirol, wieder angesiedelt haben. An ihrem Gesang können sich Besucher aber erst im Frühjahr wieder erfreuen.
Rothirschbrunft im Herbst
Dafür geben die Rothirsche in den kommenden Wochen ihr Bestes, um die passende Partnerin zu finden. Dann „kocht der Brook“, wie es das Magazin „Wild und Hund“ plastisch ausdrückt. Laute Brunftrufe und Revierkämpfe dominieren die Wiesen in der Dämmerung. Den ganzen Herbst über bietet der NABU geführte Touren zu den Brunftplätzen an (Anmeldung unter hamburg.nabu.de erforderlich, die Termine sind schnell ausgebucht!). Nach den Rothirschen, von denen rund 100 Exemplare im Naturschutzgebiet leben, sind die ebenfalls 100 Kopf starken Damhirsche, erkennbar an ihrem gefleckten Fell dran. Die jedoch sind eher im Wald unterwegs und weniger leicht aufzuspüren. Auch viele andere Brook-Bewohner gehören eher zur scheuen Sorte, sagt Stefanie Zimmer. Manche sind nachtaktiv und so scheu, dass sie sich frühzeitig zurückziehen, wenn der Mensch naht. „Einen Dachs zum Beispiel habe ich noch nie zu Gesicht bekommen.“
Last modified: 9. September 2022