Wolf-Rüdiger Wendt hat Stein von 1845 aufgespürt
VOLKSDORF Der Lottbeker Teich an der Grenze zu Ammersbek ist ein beliebtes Ausflugsziel. Momentan zeigt sich das Gewässer allerdings wenig einladend. Die bis vor kurzem anhaltende Dürre machte dem 1955 künstlich angelegten Teich mächtig zu schaffen und legte ihn fast trocken. Das förderte aber auch lange Verborgenes ans Tageslicht: einen verschollenen Grenzstein aus dem Jahr 1845!
Von Elke Becker
„Wir hatten den Teich schon seit einiger Zeit im Auge“, erzählt Wolf-Rüdiger Wendt. Er gehört zu einer Gruppe von mittlerweile sechs Hobby-Historikern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, nach längst verlorenen Grenzsteinen zu suchen, sie auszugraben und die Geschichte, die sie erzählen für die Nachwelt festzuhalten. „Ich bin durch meinen Job auf dieses wohl etwas außergewöhnliche Hobby gekommen,“ erzählt der pensionierte Vermessungsingenieur Wendt. Der Poppenbütteler ist seit über 30 Jahren den Grenzsteinen auf der Spur und hat mit seinem Team mehr als 350 solcher Markierungen gefunden und gesichert.
350 Zeitzeugen aus Stein
Diese gehauenen Steine, manchmal sind es auch Findlinge, markieren die alten Grenzlinien zwischen Hamburg und dem Umland in den 1800er-Jahren. „Damals waren ja bekanntlich große Teile Hamburgs dänisch oder gehörten zu Holstein,“ sagt Wendt. Diese alten Markierungen erzählen ein Stück Hamburger Geschichte: Die Jahreszahl der Grenzsteinlegung, die Anzahl der Grenzsteine einer Grenzlinie und meist auch die Initialen der damaligen Landesherrscher.
„Unsere Geschichte wird mit diesen Steinzeugen für jeden sichtbar und oft auch anfassbar“, plaudert der 80-Jährige. Dank seiner Mitstreiter wandelt er seit vielen Jahren nicht alleine auf den Spuren der Vergangenheit. Durch zahlreiche Medienberichte sind auch Ingo Zumbroich, Klaus Tim und Wolfgang Altvater auf diese spannende Spurensuche aufmerksam geworden und haben sich ihm angeschlossen. „Alleine ließe sich das auch gar nicht bewerkstelligen,“ so Wendt.
In Schlamm und Matsch gepickert
Allein für die Suche nach dem versunkenen Stein im Lottbeker Teich musste das Team – obwohl es eine alte Flurkarte mit Hinweisen gab – dreimal die Sachen packen. „Jedes Mal haben wir bis zu vier Stunden mit unseren Stahlstäben im Schlamm und Matsch gepickert, bis wir endlich auf den Grenzstein Nummer 03 gestoßen sind.“ Mit Bruchholz aus dem angrenzenden Forst wurde dann die Stelle gesichert, damit keiner der Steinefinder oder einer der Schaulustigen womöglich in den Schlamm rutscht. Alles, was das Team um Wolf-Rüdiger Wendt dann an Fakten, Zahlen und Fotos festhalten kann, wird fein säuberlich notiert und archiviert. Einmal im Jahr übergibt der Hobby-Historiker die Unterlagen dem Denkmalschutzamt.
„Schließlich sollen die Fundorte und die Informtionen für die Nachwelt festgehalten werden“, so der Experte, „damit es den Daten nicht ergeht, wie dem Grenzstein im Lottbeker Teich.“ Der ist mittlerweile wohl wieder versunken, aber sein Standort für immer festgehalten.
Hier kann jeder Steine entdecken
Lust auf Hamburger Historie bekommen ? Über das Geo-Portal der Stadt Hamburg können die Orte der denkmalgeschützten Grenzsteine eingesehen werden. Wer auf Entdeckungstour gehen will, findet hier viele Inspirationen. Das Hamburger Denkmalschutzamt verarbeitet die Informationen von Wolf-Rüdiger Wendt und seinem Team weiter. https://www.geoportal-hamburg.de
Last modified: 21. September 2022