Volksdorfer Senioren berichten von Ihren Erfahrungen
VOLKSDORF Wie will ich leben, wenn ich alt bin? Die wenigsten Menschen beschäftigen sich gern mit dieser Frage – kann sie doch nach Mühsal, Gebrechlichkeit und der eigenen Endlichkeit schmecken. Ist es im Alter vorbei mit dem schönen Leben? Wie wird es mir gehen? Drei Volksdorfer Senioren haben ihre Erfahrungen mit dem Heimat-Echo geteilt.
Von Susanne Lorenz
„Wir gehören zum Club der Positiven“. Frau Roggenkamp lacht und Frau A. pflichtet ihr bei: „Wir fühlen uns rundum wohl hier“. Die beiden Damen leben in der Residenz am Wiesenkamp in Volksdorf – Frau A. (93) bereits seit 17 Jahren, Frau Roggenkamp (84) ist im vergangenen Jahr eingezogen. Beide haben Kinder großgezogen und Enkel aufwachsen sehen und waren berufstätig. Beide haben sich bewusst für ein Leben in der Seniorengemeinschaft entschieden.
„Ich habe lange Zeit in Mannheim gelebt“, erzählt Frau A. „Dann ist mein Mann gestorben und ich war allein. Mein Sohn lebt in Hamburg. Er schlug mir vor, in seine Nähe zu ziehen. Ich habe lange darüber nachgedacht und mir mehrere Einrichtungen angeschaut. Der Entschluss ist mir nicht leichtgefallen. Aber ich bin seinem Rat gefolgt und habe es nie bereut. Wir erleben es immer wieder, dass die Menschen zu spät hierherkommen. Dann fällt das Einleben schwer und sie finden nicht mehr so schnell Anschluss.“
Frau Roggenkamp ist Hamburgerin, lebendig, dynamisch und gern unter Menschen. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie eine Weile allein. Die Einsamkeit während der Corona-Pandemie machte ihr jedoch bewusst: Ich fühle mich allein nicht mehr sicher. Sie traf ihre Entscheidung: Ich ziehe um. In ein Seniorenheim. Ihre Familie war zunächst nicht begeistert, stellte ihre Entscheidung infrage, riet ihr sogar ab. Frau Roggenkamp blieb standhaft. „Ich bin hartnäckig, das wissen meine Kinder“, sagt sie schmunzelnd. Und freut sich: „Ich hätte vor dem Umzug niemals gedacht, dass ich noch einmal eine so schöne Zeit erleben würde. Und wenn mein Sohn mich heute besuchen kommt, freuen wir uns gemeinsam darüber.“
Ein großes Angebot und viel Gemeinschaft
Beide Damen nutzen das große Angebot, das ihr neues Zuhause ihnen bietet und bringen sich in die Gemeinschaft ein: Frau Roggenkamp malt und ist Mitglied im Literaturclub. Frau A. handarbeitet viel und schreibt Beiträge für die Hauszeitung. Viele spannende Reiseerlebnisse hat sie auf diese Weise schon mit ihren Mitbewohnern geteilt. Die beiden schätzen vor allem den herzlichen, zugewandten Umgang, den die Bewohner in der Residenz miteinander pflegen. Auch an einigen zarten Romanzen haben sie sich schon erfreut. „Vor allem die Männer leben dann wieder auf“, berichten die beiden Damen und schmunzeln.
Für Georg von Oppen (85) kommt ein Seniorenheim nicht infrage. Er schätzt seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Der Pastor im Ruhestand ist im Stadtteil gut vernetzt, treibt Sport und besucht Veranstaltungen. Im vergangenen Sommer ist er noch einmal umgezogen: Seit vielen Jahren Mitglied bei der Walddörfer Wohnungsbaugenossenschaft, hat er sich entschlossen, in eine der hellen, freundlichen und vor allem komplett barrierefreien Wohnungen zu ziehen, die die Genossenschaft erst vor kurzem fertiggestellt hat. „Ich habe mich auch in meiner alten Wohnung sehr zuhause gefühlt. Vor allem die unmittelbare Umgebung war mir ans Herz gewachsen“, erzählt Georg von Oppen. „Aber schon seit einiger Zeit haben mir der enge Kelleraufgang und die Stufen in meinem Haus zu schaffen gemacht, und auch den Garten konnte ich nicht mehr pflegen. Schließlich gehöre ich mit 85 schon zu den Hochbetagten“, sagt er und schmunzelt.
Seine drei Töchter haben ihm zugeredet, den Schritt zu wagen. „Als ich die Wohnung besichtigte, war es wie ein Wink des Himmels.“ Der Pastor im Ruhestand lächelt. „Hier kann ich länger selbstständig bleiben. Die Wohnung ist nicht nur barrierefrei, hell und gemütlich, sondern auch gut durchdacht und sehr praktisch. Und sogar die wichtigsten meiner Bücher haben hier Platz gefunden.“ Nach seiner Pensionierung hat der Pastor viele Jahre lang Seelsorge in einem Seniorenheim in Farmsen geleistet. Natürlich hat auch er sich immer wieder mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, in eine Einrichtung zu ziehen. Aber: „Meine Selbstständigkeit ist mir wichtig. Und Sicherheit. Bequemlichkeit und Zerstreuung brauche ich nicht so sehr“, sagt Georg von Oppen. „Und jetzt schaffe ich es noch… .“
Entscheidungen frühzeitig treffen
Wie will ich im Alter leben? In einem sind sich Frau A., Frau Roggenkamp und Herr von Oppen einig: Es ist wichtig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen. Rechtzeitig. „Alles hat seine Zeit“, sagt Frau A. „Man muss das Alter annehmen. Und sich die Frage stellen: Kann ich auch anders leben?“ „Es tut so gut, sich von Ballast zu befreien – seien es alte Dinge oder veraltete Ansichten“, ergänzt Frau Roggenkamp. „Ich habe bei meiner Mutter und meiner Schwiegermutter erlebt, welche Schwierigkeiten auftreten können, wenn man das Thema nicht angeht. Für einen selbst und für die Angehörigen.“
So leben Senioren Die meisten Menschen in Deutschland leben auch im Alter im eigenen Zuhause, viele davon allein, Frauen häufiger als Männer. Im Jahr 2020 lebte gut ein Drittel der Menschen ab 65 Jahren allein, in der Gruppe 85plus war es deutlich mehr als die Hälfte.
(Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) 2021). Fast 73 Prozent der Pflegebedürftigen 65plus werden in Deutschland zu Hause versorgt – in der Regel von der eigenen Familie, teilweise unterstützt durch ambulante Pflegedienste. Gut 27 Prozent sind in Pflegeeinrichtungen untergebracht.
(Quelle: DZA, Deutsches Zentrum für Altersfragen 2020)
Last modified: 30. Januar 2023