Bei den einen duftet es nach Glühwein, Gänsebraten, Rotkohl und dem Tannenbaum, bei anderen stehen Kartoffelsalat und Würstchen bereit und nach der Bescherung wird traditionell Karten gespielt. Jeder feiert Weihnachten anders. Was sich jedoch die meisten von uns wünschen: Besinnliche Stunden und eine schöne Zeit mit der Familie und Freunden. Für ein paar Stunden die Hektik des Alltags hinter sich lassen, Frieden finden – in einer Welt, die aufgerüttelt ist. Geht es nur uns so? Nein! Auch in anderen Ländern gibt es diese Sehnsucht. Das haben uns Menschen aus den Walddörfern und dem Alstertal erzählt, die jetzt in den Niederlanden, in Spanien, in Neuseeland, Brasilien und vielen anderen Ländern der Erde leben.
Beim Jul-Fika auf Lucia warten – so gemütlich ist es in Schweden
STOCKHOLM, SCHWEDEN Als großer Weihnachtsfan habe ich mich schon immer sehr auf die Vorweihnachtszeit gefreut, vielleicht fast noch mehr als auf Weihnachten. Nikolausmorgen war für mich der beste Tag des Jahres, was zugegebenermaßen damit zusammen hing, dass es wenig Dinge gab, die ich mit fünf Jahren lieber mochte als Süßigkeiten zum Frühstück. Als Kind war Weihnachten immer eine Zeit der Traditionen, aber auch der Ausnahmen. In der Schule wurden Filme geguckt, ich durfte am Weihnachtsmorgen fernsehen und es gab, nicht zu vergessen, wundervolle Geschenke. Jetzt bin ich 25 und war die letzten Jahre nur selten Zuhause. Häufig geht es erst am 23. Dezember zu meiner Familie, viel Zeit für Gemeinsamkeit bleibt da nicht.
Das bedeutet jedoch auch, dass ich durch meinen Beruf die Chance habe, die Vorweihnachtszeit mit anderen Menschen in Stockholm zu verbringen. Obwohl es Unterschiede gibt, bleiben einige Dinge doch immer gleich. Was in Deutschland der Glühwein, ist in Schweden der Glögg. In Hamburg diskutieren wir, ob Dominosteine oder Butterplätzchen besser sind und in Schweden streiten sich die Geister, ob Rosinen auf Lussekatter, ein typisch schwedisches Gebäck, gehören oder nicht (mein Tipp: natürlich sind sie mit Rosinen deutlich besser!). Während der Vorweihnachtszeit in Schweden freue ich mich dieses Jahr besonders auf das Lucia Fest, einen traditionellen Festtag, an dem die Lucia, eine mythologische Figur und Bringer des Lichtes und der Wintersonnenwende, gefeiert wird. Meine Freunde und ich werden uns in der Stadt auf einen Weihnachtskaffee „Jul-Fika“ treffen und uns danach die Lucia-Umzüge ansehen.
Früher habe ich mich an Weihnachten immer über die Ausnahmen gefreut, heute sind es eher die Traditionen mit Freunden und Familie, die mir wichtig sind und bei mir die Weihnachtsstimmung wecken.
Daher bin ich besonders dankbar, wenn ich mit neuen Freunden neue Traditionen beginnen, oder mit alten Freunden bestehende Traditionen fortführen kann. Wenn meine alten Freunde mich in Schweden besuchen kommen, um mit mir wie jedes Jahr den ersten Glühwein zu trinken oder mich meine Mutter mit einem kleinen Weihnachtsbaum überrascht, der vor meiner Wohnung auf meine Rückkehr wartet, dann ist für mich Weihnachten. Paulina Kirchhof, Volksdorf
Viel Sonnenschein und überall Glitzer und Blink-Blink
PHOENIX, ARIZONA „Sonne, Temperaturen um die 20 Grad, Palmen und es glitzert und blinkt überall: Das ist das Erste, was mir in den Sinn kommt, wenn ich Weihnachten und die Adventszeit in den USA beschreiben soll. Meinen Mann hat es schon 1994 gepackt, das Fernweh und der Wunsch, irgendwann mal in den USA zu überwintern. Den Winter 2017 haben wir, zwei Volksdorfer, dann das erste Mal gemeinsam in den USA verbracht. „Snowbirds“ werden wir hier genannt. Eigentlich sind damit die Amerikaner gemeint, die nach Arizona kommen, um den kalten Wintern an der amerikanischen Nord-Ostküste zu entfliehen. Kaum ist Thanksgiving am vierten Donnerstag im November mit dem Truthahn- Menü aus Mashed Potatoes, Süßkartoffeln, Butternut Squash, Pumpkin Pie, Apple Pie, Bananenbrot und Bananenpudding vorbei, beginnt die Vorweihnachtszeit. Überall vor den Kaufhäusern hört man das Dauerklingeln der Salvation Army, mit der Spendenbox in der Hand und einem fröhlichen „Merry Christmas & God bless you“.
In allen Geschäften glitzert und blinkt es, überdimensionale Zuckerstangen, funkelnde Rentiere, aufblasbare gigantische Weihnachtsmänner und andere Figuren, die man sich vor das Haus stellen kann.
Und natürlich die Lichterketten, die man bis spätestens zum 1. Advent ans Hausdach oder an die Regenrinne pinnt. Und ich muss sagen: Es ist definitiv angenehmer, eine Lichterkette bei 24 Grad im langärmligen sun-protection Shirt anzubringen, als sich in Hamburg bei 3 Grad mit Handschuhen die Finger abzufrieren.
Fühlt es sich trotz kurzer Hose und T-Shirt nach Weihnachten und Adventszeit an? JA, eindeutig!
Es ist ansteckend, das Schmücken der Häuser, die Dauerberieselung durch die Weihnachtsmusik, die glitzernden Straßenzüge und die Nachbarschaften, die darum wetteifern, wer dieses Jahr der Deko-König ist.
Und dann der Weihnachtsmarathon: Als erstes die Einladung bei Familie Leuschner aus unserem engsten Freundeskreis. Ben ist seit fast 30 Jahren Polizist in Phoenix und kam schon als Elfjähriger aus Deutschland in die USA. Folgerichtig ist bei Leuschners am Heiligabend Bescherung. Es gibt Fondue, die drei Kinder müssen sich durch eine Darbietung quälen, damit es dann endlich den Berg an Geschenken zu öffnen gibt. Für Santa werden vor dem Zubettgehen natürlich Milch und Kekse auf selbstgebastelten Tellern bereitgestellt. Auch an die extra Portion Rentierfutter wird gedacht.
25. Dezember: Einladung bei Familie Wilson. Wer dachte, dass die Opulenz an Essen zu Thanksgiving nicht übertroffen werden kann, hat sich getäuscht. Eine Fülle an Vorspeisen, Beilagen, vier Sorten Fleisch, Gemüse, natürlich auch wieder Butternut Squash und Süßkartoffeln, alles selbstgekocht und tagelang vorbereitet. Dazu ein beeindruckender Weihnachtsbaum – natürlich künstlich.
Elektrisch zu verlängern oder zu kürzen ist er, zehn verschiedene Melodien (sogar „Oh Tannenbaum“ ist dabei) spielt er und selbstverständlich dreht sich der HighTech-Baum auch auf Knopfdruck. Es ist eine einzige Schlemmerei, bis alle in die Sessel fallen und eine Spielrunde „Horror-Julklapp“ eingeläutet wird, die immer für einen riesigen Spaß sorgt. So verlief der 25. Dezember mit viel Lachen, noch mehr Essen und in Gesellschaft von Freunden, die mittlerweile unsere erweiterte amerikanische Familie sind. Zwischendurch noch New Year‘s Eve und dann Teil 3: Mexikanische Weihnachten, wieder bei Leuschners, denn Ben’s Frau ist Mexikanerin. Gefeiert wird am 6. Januar, traditionell mit Roscón de Reyes, dem spanischen Dreikönigskuchen, ähnlich unserem deutschen Hefezopf zu Ostern. Versteckt in dem Kuchen sind kleine Jesusfiguren. Wer eine solche findet, ist König für einen Tag.
Die gemeinsame Weihnachtszeit mit den Freunden und den amerikanischen Weihnachtsbräuchen werde ich dieses Jahr alleine erleben, denn mein Mann ist Mitte des Jahres gestorben. Bei all der Trauer fühle ich mich mit meinen Erinnerungen gerade jetzt und gerade in Phoenix unter den lieben Freunden sehr willkommen und gut aufgehoben. Sonja Hardege-Schlimmermann
Horror Julklapp – Der große Spaß für die ganze Familie
Mit dem aus Skandinavien stammenden Julklapp meint man ein kleines Geschenk, das jemand in der Vorweihnachtszeit meist im Rahmen einer Feier von einem unbekannten Geber bekommt, oder das nach lautem Anklopfen (Klapp) bei jemandem ins Zimmer geworfen wird. Eine gruppendynamische Variante mit Spaß-Garantie hat sich vor vielen Jahren bei uns etabliert: Horror Julklapp. Einige nennen es auch Haus-Greuel – hier kommt die Spielanleitung.
Besonders viel Spaß macht es in einer größeren Gruppe. Jeder bringt zwei Geschenke mit, die beide wunderschön eingepackt sind. Das eine Geschenk ist wertvoll, zum Beispiel ein Lottoschein, ein Windlicht oder feine Schokolade. Bei diesen wertvollen Geschenken hat es sich bewährt, eine finanzielle Obergrenze zu setzen, an die sich alle halten. Das zweite Geschenk ist Horror-Schrott aus dem Keller oder vom Dachboden: Sachen, die schon immer mal weg sollten. Zum Beispiel der Wackel-Dackel, das Sahnekännchen von Uroma oder ein altes Kinderbuch – hier ist der Fantasie keine Grenze gesetzt. All die super verpackten Geschenke kommen auf den Tisch, keiner kann erkennen, was sich darin befindet und es wird der Reihe nach gewürfelt. Wer eine 6 hat, darf sich ein Geschenk nehmen, aber noch nicht auspacken. Das geht so lange, bis alle zwei Geschenke vor sich liegen haben. Jetzt wird es spannend, denn nun wird ausgepackt und das Entsetzen über die Grausamkeiten und die Freude über die wertvollen Dinge ist riesig.
Es folgt der entscheidende Teil, denn jetzt darf jeder, der eine 1 würfelt, einem anderen ein vermeintlich viel schöneres Geschenk wegnehmen und ihm dafür ein hässliches rüber reichen. Wobei: wie oft haben wir es schon erlebt, dass Uromas Sahnekännchen mega-beliebt war! Dieser zweite Teil des Horror Julklapp wird auf Zeit gespielt, ein Wecker klingelt nach einer festgelegten Zeit und schlagartig ist Schluss: Jeder behält nun die beiden Geschenke, die nach dem ganzen hin und her jetzt vor ihm liegen. Viel Spaß! (md)
In Barcelona ist Süßes im Baum versteckt…
BARCELONA, SPANIEN Am Heiligen Abend und an Weihnachten kommt auch hier in Spanien traditionell die ganze Familie zusammen zum Essen. Jeder bringt etwas Besonderes mit. Es gibt Meeresfrüchte (Scampis), Jamon (Schinken), verschiedene Tapas und Süßigkeiten wie Turron, das ist weißer Nougat. Am Heiligabend wird oft eine Art Julklapp veranstaltet, vorher wurden Lose gezogen und der/die Gezogene bekommt ein kleines Geschenk. Wir haben auch einen Weihnachtsbaum, hier in Barcelona ist es meist eine Kunsttanne. Außerdem wird am Heiligabend der „Caga Tió“ besungen, ein weihnachtlich verkleideter Baumstamm mit gemaltem Gesicht und Weihnachtsmütze. Die Kinder dürfen während der Lieder darauf hauen, um Süßigkeiten aus ihm heraus zu schlagen (die die Eltern natürlich vorher versteckt haben).
Die eigentlichen Geschenke gibt es in Spanien aber erst am 6. Januar. Sie werden von den Heiligen Drei Königen gebracht, die am Abend des 5. Januar in einer Parade (Cabalgata de Reyes) auf geschmückten Wagen durch die Stadt fahren, so ähnlich wie in Deutschland die Karnevals-Umzüge. Von den Wagen werden Bonbons und andere Süße Sachen geworfen, die die Kinder aufsammeln. Die größte Parade in Barcelona findet auf der Via Leiatana statt. So scheint es, als würden die Heiligen Drei Könige direkt von einem der Schiffe im Hafen kommend in die Stadt ziehen. Am nächsten Morgen liegen dann die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum.
Silvester gibt es bei uns kein Feuerwerk. Natürlich stoßen wir auch mit Freunden und Familie mit einem Glas Sekt auf das neue Jahr an. Aber um Punkt 24 Uhr müssen als erstes 12 Weintrauben gegessen werden und zwar während der zwölf Glockenschläge der Turmuhr. Jede Weintraube bedeutet Glück für einen Monat. Jenny Alarcon Hesse und Ricard Casas Garrido
In Brasilien biegt sich die Festtafel unter lauter Leckereien
PARAIBA, CAMPINA GRANDE, BRASILIEN In Brasilien feiert man Weihnachten mit einer Kunsttanne. Familie und Freunde treffen sich abends und man sitzt bis kurz vor Mitternacht zusammen. Dann geht es zur Messe in die Kirche. Danach wird zu Hause die Bescherung gemacht. Die Geschenke für die Kinder gibt es von Papae Noel, quasi dem Weihnachtsmann. In vielen Familien wird die Bescherung nach dem Prinzip Jule-Klapp organisiert. Dort heißt es „amigo secreto“. Jeder zieht einen Namen aus der Familie und muss diese Person beschenken. Bei der Bescherung fängt dann einer an und muss die gezogene Person beschreiben, mein Beschenkter hat blonde Haare, ist ein Langschläfer etc., wenn die Familie den Namen errät, darf dieser das Geschenk auspacken und derjenige ist dann mit der Beschreibung des nächsten Beschenkten dran. Anschließend wird ausgiebig und lecker gegessen. Traditionelle Gerichte in Brasilien sind Pute, Weihnachtsreis (Reis, Mais und Rosinen zusammen gemischt), Kabeljau, Spanferkel, Farofa (Maniokmehl), Früchte, Panetoni und Kuchen als Nachtisch. Das Tolle: Man muss sich nicht entscheiden, es steht einfach alles auf dem Tisch. Familie Leoncio de Andrade
Sandalen, Strand und Grillen – Neuseeland feiert auf seine Art
WHANGAREI, NEUSEELAND Seit ich in Neuseeland lebe, ist das typische Weihnachtsgefühl ausgeblieben. Während in Deutschland zu Weihnachten ‚Let it snow‘ aus den Lautsprechern der Geschäfte schallt, öffnen wir hier in Neuseeland jetzt öfter mal den Kühlschrank, um kurz abzudampfen. Und wenn auch hier Illustrationen vom Weihnachtsmann im Schnee und mit Pudelmütze verbreitet sind, planen viele Kiwis, ihre Festtage am Strand zu verbringen.
In diesem Jahr feiern wir Weihnachten ein wenig anders als in den Jahren zuvor. Der Plastik-Weihnachtsbaum ist (zum Glück) wegen Renovierungsarbeiten nicht auffindbar, deshalb wird eine unserer Zimmerpflanze ihn würdig vertreten. Die Kinder bekommen in diesem Jahr nur von ihren Eltern (und natürlich vom Weihnachtsmann) Geschenke, und es gibt am 24. Dezember einen Brunch statt Abendessen. Der weihnachtliche Sonnenschein wird laut Vorhersage dieses Jahr wohl leider gegen einen warmen Sturm und viel Regen ausgetauscht.
Am 25. Dezember (dem offiziellen Weihnachtstag hier in Neuselland) muss ich zum ersten Mal seit Jahren nicht arbeiten und feiere mit anderen in Neuseeland gestrandeten Ein- und Zuwanderern „Waisen-Weihnachten“ statt weißer Weihnachten. Alles in allem ist es wenig traditionell bei uns, aber dafür auch zwanglos. Kathy Lorenz
Hier ruft man den Dank für die Geschenke in den Schornstein
NIEDERLANDE In den Niederlanden geht es am Vorabend des 6. Dezember hoch her: Dann wird Sinterklaas gefeiert. Es geht laut und lustig zu am „Pakjes-avond“, dem Päckchenabend.
Ähnlich wie beim „Wichteln“ in Deutschland werden Lose gezogen und für den oder die Gezogene wird ein Päckchen gepackt, für das vorab ein Geldwert festgelegt wird. Der Name wird draufgeschrieben – wer es gepackt hat, bleibt geheim.
Sinterklaas und seine Helfer, die Pieten, bringen den Sack mit den Geschenken zu den Familien und legen ihn vor die Tür. Unter großem Hallo werden die Geschenke verteilt und ausgepackt. Bedankt wird sich bei Sinterklaas, indem man so laut wie möglich „Dankeschön lieber Sinterklaas“ in den Schornstein hineinruft.
Weihnachten wird trotzdem gefeiert, meist am 24. Dezember, in manchen Familien auch am 25. Dezember, aber oft nicht mit so vielen und großen Geschenken wie in Deutschland. Matthias Krieger
Last modified: 21. Dezember 2022