Hamsterkäufe, Kurzarbeit, Umsatz-Plus und Kurierdienste per Fahrrad – so haben Geschäftsleute den Lockdown und die Folgen erlebt. Doch wie geht es jetzt weiter? Wir haben nachgefragt.
Poppenbüttel Anja Helmke (51), Hamburg-Kaffeerösterei am Stormarnplatz „Als der Lockdown begann, hatten wir hier Hamsterkäufe. Die Kunden wollten im Home-Office leckeren Kaffee trinken. Wir sind mit unserer festen Mitarbeiterin in die Kurzarbeit gegangen, haben uns mit dem Kaffee-ToGo-Geschäft und dem Bohnenverkauf über die Zeit gerettet. Als die Lockerungen begannen, haben wir an unserem Zwei-Türen-Prinzip festgehalten – eine Tür zum Hinein-, eine zum Hinausgehen. Unser Außenbereich ist wieder offen, im Innenbereich haben wir zum Glück so viel Platz, dass wir insgesamt nur sechs Plätze entfernen mussten. Und ich backe wieder Kuchen. Den Seminar-Bereich habe ich zu meiner Sicherheit abgesperrt, sodass ich dort ohne Maske mit den 70-Kilo-Säcken voller Rohkaffee und den 15 Kilo schweren Eimern mit dem bereits gerösteten Kaffee hantieren kann. Unsere Kunden schätzen, dass wir sehr clean sind – die Tischblumen habe ich weggeräumt. Alles wird desinfiziert – von Klinken, über Tische, Stühle und Stifte bis zu den Händen der Kunden, wenn diese auf Toilette möchten. Das Umsatz-Niveau, das wir vor Corona hatten, haben wir noch nicht wieder erreicht. Wir haben es bislang gut überlebt, aber mit ein bisschen Sorge gucke ich schon auf den Herbst.“
Sasel Henning Ziggert, vom gleichnamigen Reisebüro am Saseler Markt „Die Tourismusbranche liegt am Boden. Aber letztlich sind ja alle betroffen. Ich musste meine Mitarbeiterin in Kurzarbeit schicken, bin aber selbst immer vor Ort gewesen. Mein Tagesgeschäft waren im Frühjahr die Stornierungen. Gut, dass es die Corona-Soforthilfe gab und jetzt die Überbrückungshilfen. Ich rechne damit, dass es bis Mitte/ Ende nächsten Jahres schwierig bleibt – bis ein Impfstoff da ist und Ruhe in unseren Zielgebieten einkehrt. Privat empfand ich die Zeit des Lockdowns gar nicht so schlecht. Man konnte wieder die Vögel zwitschern hören, es war wenig Verkehr auf den Straßen und es gab nicht dieses Grundrauschen.“
Duvenstedt Jennifer Rohwedder, Inhaberin des Stoffgeschäftes „Schwesterherz“ am Duvenstedter Damm „Ich habe versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Als ich das Geschäft schließen musste, habe ich über Social-Media-Kanäle einen Lieferservice angeboten. Ich bin dankbar dafür, dass meine Kunden das so gut angenommen haben. Nur meine Nähkurse konnte ich anfangs leider nicht anbieten. Aber inzwischen laufen sie wieder, wenn auch in kleineren Gruppen, mit Mund-Nasen-Schutz und Abstand. Sorge vor einem zweiten Lockdown habe ich nicht. Allerdings kann niemand vorhersagen, was passiert. Und ob auch langfristig mehr genäht wird, wird sich zeigen…“
Wellingsbüttel Kevin Drews, Inhaber von Elektro-Drews am Wellingsbüttler Weg „Während des Lockdowns habe ich meine Mitarbeiter teilweise nach Hause geschickt. Der Laden war ja komplett geschlossen. Das ist übrigens auch von der Polizei überprüft worden. Die Auslieferung von bereits vorbestellter Ware lief natürlich weiter. Ich persönlich war immer hier im Geschäft und habe die telefonische Beratung übernommen. Ansonsten hatte der Lockdown auch etwas Positives, denn ich konnte endlich meinen schon lange geplanten Internetauftritt fertig stellen. Das hatte ich immer verschoben. Ohne die Corona-Folgen hätte ich das bestimmt nicht hingekriegt.“
Wellingsbüttel Marta Garcia, Mit-Inhaberin vom „Das kleine Kaufhaus“ am Wellingsbüttler Weg „Wir hatten sechs Wochen komplett geschlossen. In dieser Zeit haben wir unser Schaufenster mit ganz viel Ware dekoriert und die Fotos davon auf Instagram eingestellt. Dann konnten die Kunden online oder telefonisch bestellen und wir haben die Waren ausgeliefert. Damit wir möglichst viele Sachen zeigen konnten, haben wir immer wieder umdekoriert. Das war schon mit allerhand Arbeit verbunden, aber auf diese Weise konnten wir wenigstens etwas Umsatz machen. Inzwischen gibt es an der Kasse einen Spuckschutz und wir achten natürlich auf Abstand.“
Volksdorf Bettina Haller, Inhaberin Die Villa, Im Alten Dorfe „Das Café war zwar anfangs komplett geschlossen, aber wir haben einen täglichen Außer-Haus-Verkauf angeboten und zusätzlich zu unseren Torten und Kuchen auch herzhafte Bowls ins Programm aufgenommen. Meine Mitarbeiter waren in Kurzarbeit, inzwischen sind sie wieder zurück. Dankbar war ich für den tollen Sommer, da konnten die Gäste draußen sitzen. Abendveranstaltungen und geschlossene Gesellschaften kann ich leider noch nicht wieder anbieten. Ich gucke zwar etwas skeptisch in den Herbst, aber Sorgen vor einem zweiten Lockdown habe ich keine.“
Sasel Lars Benke, Geschäftsführer Bettenhaus Benke am Waldweg „Vom 17. März bis 19. April hatten wir geschlossen. Die Verkaufs-Mitarbeiter waren in Kurzarbeit, aufgestockt auf 100 Prozent. Das Lieferteam hat die bestehenden Aufträge abgearbeitet. Ich selbst habe Notdienst gemacht. Als es am 20. April wieder losging, haben wir ein Hygieneschutzkonzept erstellt und sind mit einer reduzierten Mannschaft aus zwei Dreier-Teams gestartet, damit nicht alle gleichzeitig in Quarantäne müssen, falls sich einer infiziert. Interessant ist, dass wir seit der Wiedereröffnung zum Vergleichzeitraum des Vorjahres ein Umsatz-Plus zu verzeichnen haben. Ich denke, dass wir in Bezug auf Corona noch lange nicht sagen können, dass wir es geschafft haben.“
Poppenbüttel Henry Holthusen (67), Friseurmeister an der Poppenbütteler Hauptstraße „In den ersten zwei Lockdown-Wochen habe ich renoviert, dann Kurzarbeitergeld für meine drei Mitarbeiterinnen beantragt, was ziemlich kompliziert, aber natürlich sehr hilfreich war. Die Wiedereröffnung war traumhaft – so viel Wertschätzung vonseiten der Kundschaft. Das Telefon stand nicht mehr still. Wer einen Termin ergattert hatte, war superhappy. Wir waren auf Wochen komplett ausgebucht, der Laden war noch nie so voll. Jetzt ist das Niveau wieder ganz normal. Mit den Hygienevorschriften gibt es nur dann Probleme, wenn Kunden ihre Maske nicht aufbehalten wollen. Da hilft meist ein freundliches, aber bestimmtes Wort. Da ich auf die Vernunft baue, ist mein Blick in die Zukunft total positiv!“
Volksdorf Ayse Altin, Inhaberin der Buchhandlung Ida von Behr, Im Alten Dorfe „Wir brauchten niemanden in Kurzarbeit anzumelden. Nach dem Lockdown haben wir schnell reagiert und über den Anrufbeantworter und via Facebook auf unseren Onlineshop hingewiesen. Auch per WhatsApp haben wir Bestellungen angenommen und per Fahrradkurier ausgeliefert. Dabei standen uns drei Schüler tatkräftig zur Seite. Schade finde ich, dass wir zurzeit immer nur drei Kunden auf einmal reinlassen dürfen. Denn in einer Buchhandlung möchte man ja auch mal etwas länger stöbern, und wenn man weiß, dass draußen noch andere Kunden warten, ist man nicht so entspannt. Ich fühle mich geistig, körperlich und emotional für alles gewappnet, was da kommt.“
Last modified: 4. September 2020