Deutscher Wetterdienst liefert von dort aus wichtige Daten
SASEL Hamburgs Sommer war insgesamt gut 1,8 Grad zu warm und mit 182 Litern Regen pro Quadratmeter auch zu trocken. Die feine Diagnose beruht auf ausgefeilter Wetter-Messtechnik. Und die Fäden dafür laufen in der Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes in Sasel zusammen.
Der Standort ist die Technische Zentrale für den gesamten Norden und einer von nur zwei in ganz Deutschland.
Volksdorfer, Saseler, Poppenbütteler oder Menschen aus Lemsahl-Mellingstedt müssen jetzt ganz tapfer sein: Auch wenn der Sommer ein Revival feiert, 28 Grad in die Parks und Gärten locken und es bis jetzt in diesem Jahr 715 Sonnenstunden gab (ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zu 2019) – den Wärmerekord wird einer dieser Stadtteile wohl nicht knacken.
„Generell ist es im Jahresmittel in Stadtteilen wie St. Pauli oder Eimsbüttel wärmer als beispielsweise in nordöstlichen Stadtteilen“, sagt Oliver Wein vom Regionalen Klimabüro Hamburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Allerdings, und das wird die Gartenfreunde freuen: „Im Nordosten fällt im Mittel mehr Niederschlag.“
Dieses erste Fazit des Sommers ist möglich, weil unter anderem in Sasel, aber auch in ganz Deutschland ausgefeilte Technik alles misst, was das Herz eines Meteorolgen erfreut: Temperatur, auch die des Erdbodens, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Wind und Niederschlag, sogar die Windrichtung und die Windgeschwindigkeit.
Vom Schiff bis zum Leuchtturm
Hundert Mitarbeiter sind in der Saseler Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes beschäftigt und halten die Technik am Laufen. Die setzen sie auch auf Containerschiffe oder auf dem Leuchtturm Alte Weser ein.
Wer beim Deutschen Wetterdienst am Frahmredder in Sasel arbeitet, sollte sich nicht auf den festen Boden unter seinen Füßen verlassen. Viele der hundert Mitarbeiter müssen ebenso seefest sein, platzieren sie die Messtechnik doch auch an ungewöhnlichen Orten. „Wir statten beispielsweise Containerschiffe mit unserer Technik aus und können so Daten von den Weltmeeren empfangen“, erklärt Frank Kahl, Pressereferent des Deutschen Wetterdienstes. Und wenn der Kapitän ablegen will und die Technik noch nicht zu Ende aufgebaut ist? „Dann fahren unsere Saseler Mitarbeiter im Zweifel von Hamburg aus bis nach Rotterdam“, erklärt Frank Kahl, der derzeit im Homeoffice auf Norderney arbeitet.
Bei Wind und Wetter den Leuchtturm rauf
Ein weiterer ungewöhnlicher Standort ist der Leuchtturm Alte Weser, der in der Deutschen Bucht vor der Wesermündung steht. Der Weg dorthin führt übers Meer – für das Wetter ist den Mitarbeitern des Deutschen Wetterdienstes eben kein Weg zu weit. Ob in Hamburg Daten ankommen, hängt allerdings auch vom Wetter und vom Standort der Schiffe ab. Manchmal herrscht auf dem Datenkanal auch einfach Funkstille. Alles, was die Technik liefert, wird breit gestreut, wissenschaftlichen Instituten zur Verfügung gestellt, analysiert und ausgewertet.
Auch vom Leuchtturm Alte Weser in der Deutschen Bucht werden Wetterdaten gesendet Foto: pixabay
DWD-Niederlassung seit 45 Jahren in Sasel
Die Niederlassung des DWD in Sasel gibt es seit 1975, sie ist die technische Zentrale für ganz Norddeutschland. Das Pendant für den Süden steht in Oberschleißheim, eine Gemeinde im oberbayerischen Landkreis München. In Sasel selbst, direkt neben der Grundschule Redder, werden sogenannte Punktmessungen für Sasel vorgenommen. Die Daten sind allein für die Umgebung repräsentativ. Das heißt, Rückschlüsse für das Wetter in ganz Hamburg, Norddeutschland oder Deutschland lassen sich daraus nicht ziehen. Wettervorhersagen von Sylt bis Neuschwanstein setzen sich aus vielen einzelnen Punktmessungen zusammen. Ein Puzzle mit vielen Teilen, das am Ende bestenfalls ein Gesamtbild für ganz Deutschland ergibt. Wer in Sasel vor dem Gebäude des Deutschen Wetterdienstes steht, wird das markante Dach bemerken. An diesem Standort gibt es nämlich eine sogenannte automatische Radiosonden-Station, kurz ATSO. Sie dient der Meteorologie und Aerologie (Höhenwetterkunde) zur Messung von Parametern der Erdatmosphäre. Sie wird von einem Wetterballon getragen und übermittelt per Funk Messwerte wie beispielsweise die Lufttemperatur. „Unsere Sonde fliegt bis zu 30 Kilometer hoch“, erklärt Frank Kahl. Wird ATSO auf den Weg gebracht, öffnet sich das Dach der Station und entlässt die ausgefeilte Technik in den Himmel. Durchaus ein interessantes Schauspiel, misst der Ballon doch 1,40 Meter im Durchmesser. Gut drei Stunden sammelt er in luftiger Höhe Daten, fliegt gut anderthalb Stunden nach oben, sinkt dann gut 90 Minuten wieder hinab. Wo der Ballon am Ende landet, lässt sich nur grob abschätzen. „Ein anderer Ballon ist einmal bei Windstärke elf von Norderney bis nach Schwerin geflogen, das war wohl Rekord“, erklärt Kahl.
Dass er und eine Kollegen die gesamte Technik im Griff haben, ist auch für den Hamburger Flughafen immens wichtig. Der Deutsche Wetterdienst hat am Hamburg Airport viel Messtechnik aufgebaut, die wichtige Wetterdaten für den Flugverkehr und die Fluglinien liefert. Gewartet und technisch auf den neuesten Stand gebracht werden all diese Geräte von den Experten aus Sasel. In Hamburgs nördlichem Stadtteil gibt es zudem eine Messstelle für Radioaktivität und radioaktive Beimessungen. Sollte es dort zu alarmierenden Werten kommen, würden diese umgehend an die Zentrallabore nach Offenbach geschickt. Technik auf Containerschiffen, Leuchttürmen und Flughäfen und Experten, die bodenständig und seefest sind – in Sachen Wetter kommt Sasel so richtig groß raus. Sonne und Regen, Flaute und Herbststurm sei Dank…
von Susanne Holz
Das macht der Deutsche Wetterdienst
Ohne den Deutschen Wetterdienst läuft an Land, auf hoher See und in der Luft wenig. Er ist beispielsweise dafür zuständig, dass alle erforderlichen Mess- und Beobachtungssysteme einwandfrei funktionieren. Bei kritischen Wetterlagen gibt er amtliche Warnungen heraus, erfasst, überwacht und bewertet meteorologische Prozesse, die Struktur und Zusammensetzung der Atmosphäre. Die Zentrale sitzt in Offenbach, Wetterwarten gibt es rauf bis zur Zugspitze.
Last modified: 10. Februar 2021