Corona-Not: Der „Grüffelo“ fällt aus – bei Familie Maatz wirds finanziell eng
AMMERSBEK Das Zelt ist abgebaut, alle Puppen im Zirkuswagen verpackt: Heiko Maatz und sein Sohn Lennox räumen die letzten Sachen zusammen, morgen geht’s ins Winterquartier. Viel zu früh, denn eigentlich wollte die Puppenbühne Maatzony noch einen Monat die Geschichte vom „Grüffelo“ spielen, allein die erste Novemberwoche am Gutshof in Ammersbek. Corona macht der Familie einen Strich durch die Rechnung, die Not ist groß.
Auf ihr Lieblings-Ungeheuer „Grüffelo“ müssen Kinder in nächster Zeit verzichten. Und das gab Tränen, erzählt eine Mutter, die gerade an den Zirkuswagen vorbeikommt. Das liegt sicher daran, dass so ein Puppentheater ein völlig anderes Erlebnis ist, als der Kinderkanal im Fernsehen. Hier werden die Bilderbücher lebendig und der Grüffelo buchstäblich zum anfassen. Und plötzlich ist Schluss, der Lockdown untersagt den Spielbetrieb, trotz eines gerade erst vom Gesundheitsamt kontrollierten und genehmigten Hygienekonzepts.
Nun schließt der Lockdown aber nicht nur den Grüffelo weg, er sorgt auch für Ebbe im Portemonnaie bei den Schaustellern, denn die Kosten laufen weiter. In der Welt der Puppenspieler ist vieles auf Kante genäht: Man muss schon mit ganz viel Herzblut dabei sein, um so ein Unternehmen am Leben zu erhalten und den Kindern so viel Freude zu bereiten. Denn wirklich kalkulieren kann man nicht, sagt Heiko Maatz, manchmal kommen einfach zu wenig Zuschauer ins große Zelt.
Den Mann kann allerdings so schnell nichts erschüttern. Wer seine Zirkuswagen samt Inneneinrichtung, Ofen und Einbauküche selbst baut und einen alten John Deere Trecker fachgerecht restauriert, der ist nicht nur handwerklich ein Allrounder, er weiß auch, wie man mit wenig Mitteln zurechtkommt. „Wir sind die siebte Generation von Zirkusleuten, mein Ur-Ur-Ur Großvater Johannes zog schon 1825 mit seinen Puppen durchs Land“, erzählt der Chef. Vor vielen Jahren hat Heiko Maatz mal versucht, ein „normales“ Leben zu führen. Er arbeitete als Friedhofsgärtner und Hausmeister, kam aber mit dem festen Wohnsitz nicht klar. Die Gene wurden vererbt, denn auch für seine Kinder ist diese Schausteller Welt und das Leben auf der Achse völlig normal. Jetzt sind sie alle erwachsen, früher gingen sie an den Spielorten in die Schule, zweimal pro Woche kam ein Privatlehrer vorbei. Für Sohn Lennox ist völlig klar, dass er das Geschäft weiterführen wird: „Egal, was kommt, das ist für mich gar keine Frage“, sagt er.
Dabei kann sich der Junior auf einen eindrucksvollen Fundus verlassen. Die vielen handgefertigten Puppen in ihren liebevoll genähten Gewändern sind zum Teil fast 100 Jahre alt und neben den Wohnwagen und dem Zelt das Kapital der Familie.
Für das Heimat-Echo Foto holen Vater und Sohn extra noch mal die Grüffelo Puppen aus dem schon gepackten Wagen. Wer die Geschichte von Julia Donaldson und Axel Scheffler kennt, weiß um die pfiffige Maus, die all ihren Feinden im Wald erklärt, dass sie mit dem Grüffelo befreundet ist und so unbehelligt weiter marschieren kann. Ein wenig hat dieses Märchen auch mit der Wirklichkeit der Familie Maatz zu tun: Man kommt voran, wenn man furchtlos und unerschrocken ist und die Fantasie gebraucht.
Es geht wirtschaftlich ums Überleben
Aber das alleine hilft leider nicht, es geht ums wirtschaftliche Überleben und darum, dass der Grüffelo bei nächster Gelegenheit doch wieder nach Ammersbek, in die Walddörfer und ins Alstertal kommt. Das wünschen sich auch viele Eltern, die ihre traurigen Kinder trösten mussten. Sie haben sich spontan in den sozialen Netzwerken zu einer Hilfsaktion für das Puppentheater Maatzony zusammengefunden. Vor allem mit Sachspenden wurde das vergangene Wochenende überbrückt und großzügig geholfen. Jetzt fährt die Familie nach Wrist bei Itzehoe und bleibt bis Anfang März im Winterquartier. Wer dieses einzigartige Puppentheater unterstützen und mithelfen will, dass auch im nächsten Jahr wieder strahlende Kinderaugen die Maus auf dem Weg zum Grüffelo begleiten: über das PayPal Konto paypal.me/maatzwrist ist jede finanzielle Hilfe herzlich willkommen.
Von Matthias Damm
Last modified: 23. September 2021