Sonst schließt die süße Manufaktur
SASEL Christiane Welschlau schließt ihre von Duft erfüllte Pralinenmanufaktur am Waldweg 9a am 31. Dezember aus Altersgründen und sucht einen Nachfolger. Wer also Interesse an einer süßen, eingeführten Marke hat, über das betriebswirtschaftliche Knowhow und – das ist Bedingung – „eine Konditormeisterin“ verfügt, kann sich bei ihr melden.
Als sie Mutter zweier Töchter geworden war, beschloss Christiane Welschlau, sich selbstständig zu machen. Die Frage war nur: womit? Bei einem Kaffeetrinken erzählte ihr eine Tennisfreundin von ihrem Business – sie verkaufte Schokoladenhohlkörper an Hausfrauen. Da keimte in Welschlau die Geschäftsidee: „Ich mache jetzt Pralinen!“ Um dem Plan eine solide Basis zu geben, besuchte sie zunächst Seminare und Meisterklassen in den Mutterländern des süßen Genusses – in Belgien, Frankreich und der Schweiz. Dort erlernte sie die Herstellung erlesener Pralinen und Schokoladen.
Begeisterung setzt eine Menge Energie frei
Als sie ihr Wissen und Können vervollkommnet hatte, wollte sie loslegen, bekam aber Gegenwind: „Meine Mutter war skeptisch, meine Freunde, die betriebswirtschaftlich Ahnung hatten, fragten – was soll das denn werden?“ Doch statt sich entmutigen zu lassen, steckte sie all ihr positives Denken in das Projekt. „Ich glaube an die sich selbst erfüllende Prophezeiung! Begeisterung kann so motivieren und so viel Energie freisetzen!“
In einem drei Quadratmeter großen Kellerraum ihres Saseler Hauses ließ sie nach Vorgaben des Ordnungsamtes eine Küche einbauen. Dort produzierte sie ihre ersten drei Trüffel-Sorten – weißer Champagner, Vollmilch-Cognac und Malt-Whisky – und suchte nach einem schlauen Vertriebsweg. Ein Laden kam für sie erstmal nicht in Frage: „Das war mir zu steif.“ Sie wollte dorthin, wo sie eine interessierte, kundige und wertschätzende Klientel auf sich aufmerksam machen konnte – auf den Isemarkt. Kurzerhand versah sie ihre Pralinen mit dem Aufdruck „Die Ise“, ließ sich ein gerade mal 1,20 Meter breites Mini-Zelt anfertigen und baute mit 40 Jahren zum ersten Mal einen Marktstand auf. Ihre kleinen Köstlichkeiten fanden schnell Fans. Und nachdem das Hamburger Abendblatt ihr in der Rubrik „Von Mensch zu Mensch“ Aufmerksamkeit geschenkt hatte, „kamen die Leute in Strömen“, erzählt Welschlau. Ihr ist klar, dass sie viel Glück hatte und zur rechten Zeit mit dem richtigen Produkt im perfekten Umfeld zur Stelle war.
Seitdem ist viel geschehen: Im Oktober 2005 eröffnete sie ihre 140 Quadratmeter große Chocolaterie am Waldweg, weil die kleine Kellerküche der wachsenden Produktion nicht mehr standhalten konnte. Sie stellte eine Konditormeisterin ein, erweiterte ihr Sortiment und beschäftigte je nach Saison bis zu sechs Minijobberinnen. Sie gewann Preise, hielt Vorträge und machte Verkostungen. Sie belieferte Firmen und baute sich einen großen Kundenstamm auf.
Run auf die Nervennahrung De luxe
Aktuell laufen die Vorbereitungen fürs Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren. Wegen des Lockdowns wird der Run auf die De-luxe-Nervennahrung wohl erst im Dezember mit voller Wucht starten. „Meine Firmenkunden werden in diesem Jahr vor allem ihre Mitarbeiter beschenken als Dankeschön für die Zeit im anstrengenden Homeoffice und weil die Weihnachtsfeiern ausfallen“, ist sie sich sicher. Ihre Stammkunden können sich bis Jahresende noch einmal ordentlich eindecken mit Lieblingspralinen oder handgeschöpfter Schokolade im Holzetui. Sie fragen an, ob Christiane Welschlau nicht vielleicht doch weitermachen könnte. Aber das verneint sie: „Wir hatten eine super Zeit und super Kunden, aber es war immer der Plan, dass ich mit 60 aufhöre“. Wie bereits erwähnt, hofft sie dennoch auf eine Fortsetzung der fast 20-jährigen süßen Erfolgsgeschichte und einen guten Nachfolger: Sollte sich jemand mit Schokoladenkenntnissen finden, bekäme er eine eingetragene Marke und die umfangreiche Kundenkartei noch obendrauf, wirbt Welschlau. „Die Ise ist in Hamburg bekannt und beliebt. Es wäre schade, wenn sie aussterben würde.“
Last modified: 17. Dezember 2020