Welpen-Boom in Corona-Zeiten sorgt für Aufnahmestopp im Revier
ALSTERTAL / WALDDÖRFER Ähnlich wie in den Tierarztpraxen gilt auch für die Hundeschulen : „Land unter“. Durch die um etwa 20 Prozent gestiegene Zahl an neuen Hunden in den vergangenen zwölf Monaten ist auch die Nachfrage bei den Hundeschulen entsprechend groß. Bei Weitem nicht alle neuen Familienmitglieder bekommen einen Einschulungstermin, obwohl gerade eine frühzeitige, respektvolle und faire Erziehung für das Team Mensch-Hund wichtig ist.
Von Matthias Damm
Der süße Welpe steht vor einem, wedelt mit dem Schwanz und muss dringend mal zum Pinkeln vor die Tür gebracht werden: Noch ist das alles „so niedlich“, dass man gerne verdrängt, mit welchen Situationen man es in ein paar Wochen zu tun hat. Denn dann haben Ben und Paula, wenn man sie lässt, ein ziemliches Selbstbewusstsein und ihre eigenen Regeln entwickelt, zerlegen schon mal die Couchkissen oder bellen am laufenden Band. Sie sind dann zwar immer noch niedlich, haben aber Vorstellungen vom Hundeleben, die mit denen der Menschen nicht deckungsgleich sein müssen. Spätestens jetzt wäre es Zeit, in die Hundeschule zu gehen, um eingefahrene Muster zu korrigieren und eine dauerhaft gute Teamgemeinschaft aus Mensch und Hund zu schaffen. Das Problem: Was in normalen Zeiten schon kurzfristig kaum möglich war, ist durch Corona unmöglich geworden, berichtet Andrea Chillon vom „Hundetraining im Alstertal“: „Uns überrollt eine Anfrageflut, wie ich sie in meinen acht Jahren als Hundetrainerin nicht erlebt habe. Wer nicht weit vor dem Einzug des Hundes einen Platz für das Hundetraining reserviert hat, wird sehr lange warten müssen.“
Viele haben sich als Ersthundehalter gegen die Corona-Tristesse einen vierbeinigen Freund angeschafft, aber keine Vorstellung, was da an Basisarbeit für eine funktionierende Hausgemeinschaft auf sie zukommt. „Dazu erlebe ich noch ein gesellschaftliches Problem, denn in Corona-Zeiten zeigt sich immer öfter ein Trend: Hundebesitzer denken, wenn sie schon in ihrer Freiheit eingeschränkt sind, soll der Hund alles machen können, was er will“, sagt Andrea Chillon. Ein fataler Irrtum, der spätestens dann ein Problem wird, wenn die einst süßen Welpen einem Jogger in die Hose beißen, oder sie die zu Besuch kommende Oma nicht durch die Tür lassen.
Hundeerziehung gelingt mit Profis
Online-Tipps und gute Bücher können eine Hilfe sein, ersetzen aber nicht die fachmännische Arbeit mit den Tieren und die weit im Voraus angesetzte Beratung für zukünftige Hundebesitzer. „Eins der größten Probleme sehe ich allerdings darin, dass es trotz erheblich zunehmender Zahl an Hunden fast unmöglich ist, eine Nutzungsgenehmigung zum Hundetraining für eine freie, bezahlbare Fläche in Hamburg zu bekommen“, so Andrea Chillon. „Da wünsche ich mir von der Politik mehr Flexibilität und Unterstützung, denn so könnten wir deutlich mehr Hunden ein passendes Training anbieten.“
Mangelnde Information und Naivität beim Hundekauf sind für Gesa Croonen von „Gesas Hundeschule“ in Volksdorf und Lütjensee tägliche Realität. Aus diesem Grund macht sie auf ihrer Internetseite auch vertrauensvollen Züchtern das Angebot, sich vorzustellen und für angehende Herrchen und Frauchen beratend zur Verfügung zu stehen.
„Viel zu oft habe ich es mit Tieren aus erbärmlichen Zuchtumständen zu tun, für die auch noch ein horrendes Geld bezahlt wurde. 2.500 Euro für einen Mischling sind heute keine Seltenheit. Das miese Geschäft mit oft kranken Welpen wird damit weiter befeuert.“ Auch bei ihrer Hundeschule stapeln sich die Anfragen, die Plätze sind knapp. Dabei ist es Croonen wichtig, dass zuerst die zukünftigen Hundehalter lernen zu führen, also es dem Hund ermöglichen, Regeln zu kennen und einzuhalten: „Hundeerziehung braucht viel Zeit, es geht spielerisch wie bei kleinen Kindern, die auch eine Menge lernen müssen. Das Wichtigste ist, sich schlau zu machen, was neben der großen Freude an dem Tier an Verantwortung, Zeit und Geld bei einem Hundekauf auf einen zu kommt.“
Last modified: 11. Mai 2021