Sandra und Claudia Bernhardt wissen, was man essen darf, was lieber nicht
VOLKSDORF Claudia und Sandra Bernhardt sehen sich verdammt ähnlich. Kein Wunder – sie sind eineiige Zwillinge und teilen noch dazu die Leidenschaft für Pilze. Vor einem Jahr haben sie im Schwarzwald die Sachverständigenprüfung abgelegt. Seitdem bieten sie Lehrwanderungen in und um Hamburg herum an.
Von Anja Krenz
Als sie klein waren, sind die Bernhardt-Schwestern in den Ferien mit Papa und Oma „in die Pilze“ gegangen. Inzwischen sind sie so firm, dass ihr Vater regelmäßig an ihren Lehrwanderungen teilnimmt, um von ihnen zu lernen. Der zweistündige Querfeldeinspaziergang durch den Volksdorfer Wald mit den Pilzsachverständigen ist hochinteressant – geballtes Fachwissen über Myzele, Stilbasis, Aussehen, Geruch oder Verwechslungspartner. Schnell wird klar: Pilze sind etwas für Kenner. Denn diese Organismen, die weder Tier noch Pflanze sind, haben es in sich. Der erste Pilz, den wir finden, ist der Grünblättrige Schwefelkopf. Klingt giftig, ist giftig. „Wenn man den isst, kann es sein, dass man bis zu einer Woche heftige Magen-Darm-Beschwerden hat“, sagt Sandra Bernhardt. Dass sich offenbar bereits Nacktschnecken über ihn hergemacht haben, ändert nichts an seiner Unverträglichkeit. „Schnecken haben andere Organe und Enzyme und vertragen sogar den Grünen Knollenblätterpilz, den giftigsten Pilz Europas.“
Der wird häufig mit dem Champignon verwechselt, wächst aber aus einer Hauttasche und behält, auch wenn er älter ist, seine weißen Lamellen, während die vom Champignon erst rosafarben und später „schokoladenbraun“ werden. Daher raten die Bernhardts absoluten Anfängern zu äußerster Vorsicht: „Eine Verwechslung ist einfach sehr gefährlich, da es zu Leberschädigungen kommen kann.“
Der Saisonhöhepunkt ist etwa ab Anfang Oktober. In Naturschutzgebieten ist das Sammeln untersagt. Aus Wäldern darf man nur etwa ein Kilogramm pro Person für den Eigenbedarf entnehmen.
Wer seinen Fund bestimmen lassen möchte, sollte immer die Stilbasis am Pilz lassen, da diese entscheidende Hinweise geben kann. Die Bestimmung per Pilz-App ist häufig nicht verlässlich. Es gibt keine kontaktgiftigen Pilze, anfassen ist also nicht schlimm. Zum Sammeln eignet sich ein Körbchen, in Eimer und Plastiktüte verderben sie schnell. Zu Hause werden die Fruchtkörper offen im Kühlschrank aufbewahrt und innerhalb von zwei Tagen verzehrt.
Zum Säubern spült man Pilze am besten kurz kalt ab und entfernt dann den verbliebenen Schmutz mit einem spitzen Messer. Für die Zubereitung ist die Pfanne optimal, denn Pilze brauchen Platz und Hitze. Außerdem sollten sie etwa 15 Minuten gebraten werden, da fast alle Pilze roh giftig sind. Für Pilzbestimmungen stehen die Schwestern gerne auch Anfängern zur Verfügung, Kosten: fünf Euro, Belehrung inbegriffen. Allerdings sollten nur etwa drei unbekannte Arten mitgebracht werden, damit das neu erworbene Wissen auch hängenbleibt. Nur so kann man beim nächsten Sammeln genießbare Arten unzweifelhaft identifizieren und diese dann bedenkenlos in die Pfanne werfen.
Am Ende finden die Bernhardts übrigens doch noch Genießbares im Volksdorfer Wald: Auf einem Baumstumpf stehen in Büscheln gewachsene Stockschwämmchen. „Von denen isst man nur die Hüte“, erklärt Sandra Bernhardt. Und die sind zubereitet dann tatsächlich ausgesprochen lecker!
Weitere Infos unter: hansepilz.de
Zubereitungstipp für Waldpilze
8 Teile Pilze, 2 Teile Zwiebeln: Pilze in Sonnenblumenöl anbraten, nach etwa 10 Minuten die gehackten Zwiebeln dazugeben und zusammen weitere 10 Minuten braten. Dann ein paar Flöckchen Butter dazu, mit Salz abschmecken und auf einer mit Butter bestrichenen Scheibe Brot servieren. Claudia Bernhardt: „Ich finde, es gibt fast nichts Besseres.“
Last modified: 21. September 2021