Geschäftsleute fürchten weniger Kunden durch Wegfall von Parkplätzen
VOLKSDORF Gut zwei Stunden lang hat das Thema „Flaniermeile Volksdorf“ die Gemüter im jüngsten Regionalausschuss Walddörfer erhitzt. Besonders der Wegfall von Kunden-Parkplätzen zugunsten einer autofreien Shoppingmeile bereitet vielen Ladenbesitzern Kopfzerbrechen. Zudem fühlen sie sich über das Projekt generell nicht ausreichend informiert. Der zuständige Mobilitätsmanager hofft, die Stimmung noch wenden zu können. Doch die kocht hoch: Eine kritische Ladenbesitzerin stellte sogar Strafanzeige, weil sie von Projektbefürwortern bedroht worden ist.
Die Stimmung ist angespannt. Die für Frühjahr 2022 geplante „Flaniermeile Volksdorf“ bereitet vielen Geschäftsleuten Bauchschmerzen. Sie befürchten, dass nicht mehr Kunden im Stadtkern flanieren werden, sondern in anderen Stadtteilen shoppen gehen. Grund: 71 Parkplätze werden zwei Monate lang im Bereich Claus-Ferck-Straße/Im Alten Dorfe wegfallen. Wo sollen Handwerker parken, wenn etwas zu reparieren ist? Wo stellt man das Auto ab, wenn man seine Mutter oder sein Kind zum Arzt bringen muss? Und sucht man sich nicht möglicherweise gleich für immer eine andere Reinigung, wenn man vor der gewohnten in Volksdorf nicht mehr parken kann? Mit all diesen Fragen und vielen mehr sahen sich die Ausschussmitglieder konfrontiert.
Umfrage: 50 Prozent gegen das Projekt
Eine Umfrage des Verbands der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Nord e.V. (VMG) hatte schon zuvor ergeben, dass gut die Hälfte der 28 befragten Betriebe entlang der betroffenen Straßenzüge große Bedenken hat. 75 Prozent fürchten negative oder stark negative Auswirkungen für ihren Betrieb, wenn das Vorhaben wie vom Bezirk geplant umgesetzt werde. 70 Prozent gaben an, auf die Parkplätze angewiesen zu sein. Befürworter indes versprechen sich von dem Projekt eine höhere Lebensqualität im beliebten Ortskern und verweisen auf die umliegenden 931 Stellplätze. Auch im Alstertal Einkaufszentrum müsse man vom Auto bis zum angestrebten Laden einiges an Strecke zurücklegen, so ihr Argument.
Dr. Tim Roesler bittet darum, mit Offenheit an die Sache heranzugehen. Als Mobilitätsmanager der Stabstelle Klimaschutz im Bezirksamt Wandsbek ist er für die Durchführung des Probelaufs zuständig und hofft auf eine konstruktive Auseinandersetzung.
Beteiligungsverfahren: Positive aber auch kritische Stimmen erwünscht
„Dadurch, dass mehr öffentlicher Raum zur Verfügung steht, sollen Gewerbetreibende die Möglichkeit haben, diesen zu nutzen. Ich bin bereit, auf sie zuzugehen und Möglichkeiten zu finden, wie sie etwas zu diesen acht Wochen beitragen und auch davon profitieren können“, so der Diplom-Geograph.
Drop-off-Zonen und Platz für Räder
Antworten auf viele Fragen von Geschäftsinhabern und interessierten Kunden gab es schon im Regionalausschuss: Geplant seien sogenannte Drop-off-Zonen zum Absetzen und Abholen per Auto. Zudem werden Behindertenparkplätze in den Dorfmittelpunkt verlegt und ein Taxistand in Höhe des Dorfwinkels eingerichtet. Zudem seien zusätzliche Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Lastenräder, Bänke und Begrünung, eine kleine Eventfläche, auf der sich beispielsweise lokale Vereine präsentieren können, ein Büchertausch-Schrank, Foodtrucks und Spielmöglichkeiten für Kinder angedacht.
Für den VMG-Vorsitzenden Volker Tschirch ist klar: „Unsere Händler stehen neuen Ideen zur Attraktivitätssteigerung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Aber sie müssen in ihrer Umsetzung so ausgestaltet sein, dass sie auch praxistauglich sind.“ Zudem sei es ratsam, bei solchen Projekten die betroffenen Händler in die Planungen rechtzeitig mit einzubeziehen. Wenn der Bezirk Projekte zur Attraktivitätssteigerung der Zentren angehen will, muss doch an oberster Stelle stehen, diejenigen einzubinden, die jeden Tag dafür arbeiten, dass die Menschen in die Ortskerne kommen. Das sind Händler, Gastronomen, Ärzte und zahlreiche weitere Dienstleister. Eine Verkehrsberuhigung, die an diesen wichtigen Akteuren vorbei betrieben wird, kann nicht zum Erfolg führen“, betont der Vorsitzende des VGM.
Eine Einladung zur Beteiligung spricht Mobilitätsmanager Dr. Tim Roesler jetzt aus. „Mir ist es wichtig, dass alle bei dem Projekt und der anschließenden Evaluation mitmachen, damit die positiven und auch kritischen Meinungen von uns aufgenommen werden können“, sagt er gegenüber dem Heimat-Echo. Beteiligung zur „Flaniermeile Volksdorf“ unter: klimaschutz@wandsbek.hamburg.de (spa, sho, ak)
Last modified: 6. Oktober 2021