Verstorbene werden in 40 Tagen in Humus umgewandelt
AHRENSBURG Neben den klassischen Formen der Erd- oder Feuerbestattung gibt es jetzt eine neue Form der Erd-Bestattung: die Reerdigung. Dabei wird der Körper eines Verstorbenen in fruchtbare Erde verwandelt, die dann auf einem Friedhof als Humus in den Boden gebracht wird. Als einer der ersten in Europa führt Bestatter Axel Bauermann in seinem „Haus der Zeit“ in Ahrensburg die Reerdigung durch.
Von Matthias Damm
„Was tut ihr eigentlich dafür, dass auch wir noch in einer lebenswerten Welt alt werden können?“ Diese Frage von Kindern hat die Gründer des jungen Unternehmens „Meine Erde“, Pablo Metz und Max Hüsch, zum Nachdenken über die beiden klassischen Beisetzungen, Erd- und Feuerbestattung, gebracht. Beide Formen seien nicht wirklich umweltverträglich, alle Feuerbestattungen in Deutschland würden zum Beispiel so viel CO₂ pro Jahr erzeugen, wie eine Stadt mit 100.000 Einwohnern. Am Ende der Überlegungen entstand, inspiriert vom Kreislauf der Natur, die Idee der Reerdigung als nachhaltige und ökologische Bestattung: Eine Transformation des menschlichen Körpers zu fruchtbarer Erde.
Ein beseelender Gedanke
Bestatter Axel Bauermann war sofort überzeugt und führt derzeit als einer der ersten in Europa eine Reerdigung durch: „Ich empfinde diese Rückführung zur Erde als einen ungemein beseelenden und sinnstiftenden Gedanken. Wir legen den Leichnam in einen sargähnlichen Kokon auf ein Bett aus Stroh und Grünschnitt. Natürliche Mikroorganismen, die im menschlichen Körper und den pflanzlichen Materialien enthalten sind, transformieren den Körper in 40 Tagen und verwandeln ihn vollständig zu Humus. Der Verstorbene sorgt so für neues Leben, der Kreislauf der Natur schließt sich, der Tod wird zum Anfang von etwas Neuem.“
Kirchliche und rechtliche Klärungen
Für „Meine Erde“ war es wichtig, dass die Reerdigung auch die Zustimmung der Kirchen erfährt. Geschäftsführer Pablo Metz: „Die katholische und evangelische Kirche stehen der Reerdigung als besonderer Form der Erdbestattung offen gegenüber. Aktuell liegen theologisch-ethische Stellungnahmen von zwei evangelischen Landeskirchen (Nordkirche, EKBO) und seitens des katholischen Theologen Professor Peter Schallenberg von der Theologischen Fakultät Paderborn vor, die für die Reerdigung grünes Licht geben.“
Aber auch die Friedhofsverwaltungen müssen ihr Einverständnis geben. Die von Axel Bauermann durchgeführte Reerdigung soll auf Europas größtem Friedhof in Ohlsdorf eine Grabstätte bekommen. „Die Erde von Menschen, die in Schleswig-Holstein reerdigt werden, darf auf dem Friedhof in Hamburg Ohlsdorf beigesetzt werden“, so Metz. „Die Einbringung der Erde in einem Grab in etwa 30 Zentimeter Tiefe auf dem Ohlsdorfer Parkfriedhof ist als Modellprojekt genehmigt. Eine Zulassung des gesamten Reerdigungsprozesses in Hamburg wird aber aktuell noch von der Umweltbehörde geprüft.“
„Meine Erde“ wird vermehrt von Bestattern kontaktiert, die wiederum von den An- und Zugehörigen Verstorbener direkt auf die Reerdigung angesprochen wurden. „Das Interesse bei den Bestattungsinstituten ist groß und überwiegend positiv. Trotzdem müssen wir für die Reerdigung als neue Bestattungsform noch viel Aufklärungsarbeit leisten. Generell besteht Interesse bei vielen Menschen an natürlichen Bestattungsformen“, so Pablo Metz.
Meine Erde / Circulum Vitae GmbH, Hobrechtstraße 65, 12047 Berlin, www.meine-erde.de, Telefon: 030-55653804, E-Mail: info@meine-erde.de
Last modified: 3. August 2022