VOLKSDORF Die Walddörfer haben in den vergangenen 65 Jahren ihr Gesicht stark verändert: Die Einwohnerzahl wuchs, die Bebauung wurde verdichtet und nicht jedem „Ureinwohner“ gefiel das. Ein Beispiel ist die Geschichte der Straße Groten Hoff im Volksdorfer Zentrum, die vor genau 50 Jahren neu geschaffen wurde.
Von Marius Leweke
Es ist noch keine 60 Jahre her, da teilten sich im bevölkerungsmäßig aufstrebenden Volksdorf noch Viehherden die Straßen mit Autos, Radfahrern und Fußgängern. Der alteingesessene Bauer Claus Ferck betrieb seinen Hof zwischen Eulenkrugstraße und dem Alten Dorfe. Ein nicht haltbarer Zustand, fand die Stadt Hamburg und kaufte Ferck seinen Hof ab und besorgte ihm Ersatz am Ostrand des Stadtteils, am heutigen Buchenkamp.
Kahlschlag und Neubau
Dem Trend der damaligen Zeit folgend, wurden die Hofgebäude abgerissen und durch Wohnblocks ersetzt. Geblieben ist der Name der neuen Straße: In Erinnerung an den großen Bauernhof heißt sie Groten Hoff. Dort ließ die Stadt Gebäudeblocks mit 106 Wohnungen errichten, die Hausnummern 7 bis 19. Die Zickzackbauten mit ihren drei bis sechs Geschossen kamen bei den eingesessenen Volksdorfern nicht gut an, wie sich Jörg Beleites erinnert. „Das Vorhaben stieß auf Ablehnung“, erzählt der 81-jährige. „Die massive Form und Höhe sowie die ungeschlachte Form des Parkhauses, das erste im Stadtteil, passte nicht ins Ortsbild.“ Beleites hat eine besondere Beziehung zum Groten Hoff: Er zog mit Frau und Kindern mit als erster in eine der neuen Wohnungen – und lebt mit seiner Frau bis heute dort.
Damals hatte die Stadt Hamburg ein Kontingent für ihre Bediensteten bereitgestellt viele Lehrer, Verwaltungsbeamte, Richter nutzten die Chance, nach Volksdorf zu ziehen. „Eine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung bekam aber nur, wer zwei Kinder hatte“, erinnert sich Jörg Beleites und schmunzelt. „Da ging es hier oft laut und lustig zu.“ Er erinnert sich an Zelt-Übernachtungen auf den Grünflächen und an die Holzhütte, die die Bewohner in Eigenregie für den Nachwuchs errichtet hatten.
Geburtstagsfeier mit 50 Gästen
Zum 50. Geburtstag hat Jörg Beleites eine Bildergalerie zusammengestellt und unter der großen Platane aufgebaut, die man damals gepflanzt hatte. Während des Stadtteilfestes trafen sich dann gut 50 aktuelle und ehemalige Bewohner im Schatten des mittlerweile gut 20 Meter hohen Baumes und plauderten über die Zeit, als die Kinder den Abenteuerspielplatz vor der Haustür hatten: Die gegenüberliegende Straßenseite, wo sich das Wohn- und Geschäftszentrum Weiße Rose erhebt, war damals Baustelle mit Gruben, Erdaushub und vielen spannenden Verstecken. 1977 war hier die Einweihung von 132 Eigentumswohnungen und einer Reihe neuer Läden, Restaurants, einem Hotel „und der Bücherhalle, zu der ich oft nur in Hausschuhen rübergegangen bin“, so Beleites.
Die Bibliothek ist mittlerweile umgezogen, die Post geschlossen und der Aldi, der ebenfalls 1972 an den Groten Hoff gezogen ist, ist nun ein Netto. Ein deutlich größerer Einschnitt für die Bewohner war dann die Umwandlung der Wohnblöcke in Eigentumswohnungen 2009. Einige konnten damals ihre Wohnung kaufen, andere mieteten von den neuen Besitzern und viele zogen auch aus. Das Ehepaar Beleites hat seine Wohnung kaufen können. „Das war gut für uns; denn wir wohnen immer noch sehr gerne hier.“ Die beiden sind nicht die Einzigen: In fast 20 der 106 Wohnungen leben immer noch die Erstbezieher, manchmal auch deren Kinder samt Enkeln.
Last modified: 9. September 2022