Große Bühne für den König des Duvenstedter Brooks
DUVENTSTEDT Ein großartiges Naturschauspiel ist dieser Tage im Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook zu erleben. Das Röhren gewaltiger Rothirsche schallt vom frühen Abend bis in die Nacht hinein über Wald, Wiesen und Moore. Es ist Brunft- und Paarungszeit.
Von Marius Leweke
Leichter Nieselregen tropft von den Bäumen. Dämmerung legt sich über den Wald. Schon beim ersten Beobachtungsstand lohnt sich der Blick durchs Fernglas. Friedlich äsend steht eine Gruppe Hirschkühe am Waldrand. Sehen oder riechen sie uns? Sie wenden ihre Köpfe in Richtung des Beobachtungsstandes, dessen fast schulterhohe Brüstung uns verbirgt. Die Tiere bleiben stehen, äsen weiter. Im Duvenstedter Brook sind Rot- und Damhirsche den Besuch von Menschen gewohnt. Wer auf dem Weg bleibt, bringt keine Gefahr, heißt es beim Nabu, der das Schutzgebiet betreut. Dies haben die Herden über Generationen im Nordosten Hamburgs offenbar gelernt.
Bis Anfang Oktober ist die lautstarke Brunft der Rothirsche nicht zu überhören. Und wie klingt der Hirsch? Im Tonfall etwas heller und in der Lautstärke etwas größer als das Muhen von Kühen, dabei aber weniger melodisch als das Trompeten eines Elefanten. Die sechs Beobachtungsstände öffnen den freien Blick auf die Wiese, wo sich ein Hirsch nach seinem kräftezehrenden Röhren erst einmal hingelegt hat. Kaum mehr als das kapitale Geweih ist zu erkennen und die drei Hirschkühe, die um ihn herum Gras fressen. Der Brook ist ein kulinarisches Paradies für die Tiere: Das ganze Jahr über blüht etwas, es gibt Heidekraut, junge Bäume und ganz viel Grünzeug. Rund 100 Rotwild-Exemplare tummeln sich hier, 25 Hirsche, 65 Kühe und zehn Jungtiere, die nach ihrer Geburt im Frühjahr jetzt bereits eine beachtliche Größe erreicht haben.
Keine Fressfeinde und ein reichlich gedeckter Tisch: Das macht es uns Menschen möglich, das Naturschauspiel zu genießen. Damit es so bleibt, bitten die Naturschützer dringend darum, sich an die Regeln zu halten. Dazu gehört, dass während der Brunftzeit einige Wege im Brook für Menschen zumindest zeitweise gesperrt sind. Außerdem hat man bessere Chancen, Tiere jeder Art zu beobachten, wenn man sich ruhig verhält. So wie wir an diesem regnerischen Herbstabend, der uns einen Blick auf eine weiße Hirschkuh beschert. Sie gehört zur Damwildherde, die normalerweise tiefer im Wald unterwegs ist als die größeren – und lauteren – Rothirsche. Leise verstauen wir unsere Ferngläser und überlassen den Duvenstedter Brook wieder seinen wilden Bewohnern.
Last modified: 5. Oktober 2022