… und was die Widerstandsgruppe aus München mit Volksdorf zu tun hat?
Es ist kein Zufall, dass gerade in Volksdorf die Ortsmitte „Weiße Rose“ heißt und dass dort ein Mahnmal für die gleichnamige studentische Widerstandsgruppe steht.
Siegfried Stockhecke engagiert sich mit dem „Arbeitskreis Weiße Rose Volksdorf“ seit langer Zeit für ein lebendiges Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: “Der Name ‚Weiße Rose‘ steht für einen Freundeskreis von Studenten, der sich in der Zeit der NS-Diktatur an der Universität München als Widerstandsgruppe formierte. Ab dem Sommer 1942 prangerte die Gruppe mit Flugblättern die national-sozialistischen Verbrechen an und forderte die sofortige Beendigung des Krieges“, erklärt er. Hans und Sophie Scholl gelten als die bekanntesten Mitglieder der Gruppierung, aus der sich über Freundschaften in mehreren Städten gleichnamige Kreise bildeten, unter anderem auch die „Weiße Rose Hamburg“ mit etwa 50 Gleichgesinnten.
Bereits 1943 flog der Widerstand der „Weißen Rose“ durch Bespitzelung und Denunzierung auf. Die Mitglieder wurden verhaftet und in kurzen Prozessen verurteilt: In Hamburg und München wurden vierzehn Frauen und Männer hingerichtet, oder durch unmenschliche Haftbedingungen in den Tod getrieben.
Siegfried Stockhecke: „An diese, durch die Nationalsozialisten und deren Unrechtsjustiz getöteten Widerständler, erinnert seit 1977 der Straßenname „Weiße Rose“ mit der 1978 aufgestellten, zwei Meter hohen Skulptur aus Muschelkalk und der ab 1981 hinzugefügten Gedenktafel. Die Geschichte der Namensgebung und der Skulptur ist allerdings von Höhen und Tiefen begleitet.“
Die Namensgebung
Bereits 1972 hatte der damalige Vorsitzende im Ortsausschuss Walddörfer, Dr. Martin Meier-Siem, im Zuge der Verlegung des Ferck‘schen Hofes und der Neuplanung der Ortsmitte Volksdorf den Straßennamen „Weiße Rose“ vorgeschlagen. Meier-Siem war selbst Mitglied der Weißen Rose Hamburg, wohnte in Volksdorf und fand in dem damaligen Bezirksamtsleiter Wandsbek, Achim-Helge von Beust, Unterstützung für sein Vorhaben. „Auf den Beschluss im Ortsausschuss folgten teils massive und beschämende Einsprüche von Anwohnern und Geschäftsleuten, dass die Erinnerung an die Widerstandsgruppe in einem Einkaufszentrum deplatziert wäre – man solle eine Stätte der Besinnung dafür wählen“ erläutert Siegfried Stockhecke, „Meier-Siem verteidigte aber den Standort mit der Überzeugung, dass die Erinnerung an die Taten und Opfer der Weißen Rose ganz bewusst in die Mitte der Gesellschaft gehören.“
Das Mahnmal
Die Familie Jänisch, der damals das gleichnamige, im Bogen gebaute Textilhaus (heute Winat, Junge Bäckerei, Little‘s, Mattis Männermode) gehörte, bot den Platz für das Mahnmal an. Nach dem Verkauf des Textilhauses wurde die Skulptur im Zuge der Umgestaltung des Vorplatzes ausgelagert. Siegfried Stockhecke erinnert sich: „Das war ein würdeloser Vorgang, denn das Mahnmal hätte eigentlich gar nicht bewegt werden müssen. Es wurde zum Bauhof in Bergstedt verbracht und zusammen mit der Bronzeplatte an einen mit Gras bewachsenen Erdwall geworfen. Nach heftigen Protesten gelang es uns mehr schlecht als recht, dass das Kunstwerk notdürftig und leider weiterhin sehr unsachgemäß bis zum erfolgreichen Wiederaufbau gelagert wurde.“ Aber auch dabei gab es Diskussionen, denn wegen eines breiteren Weges mit Außen-Gastronomie entlang der Geschäfte sollte die stilisierte Rose nun unter der großen Eiche vor dem Simon Frischemarkt einen Platz finden. Statische Gründe und viel Überzeugungsarbeit von Siegfried Stockhecke und seinem Arbeitskreis verhinderten das. Er sagt heute: „Das Zentrum Volksdorf „Weiße Rose“ zu benennen erfuhr im Nachkriegsdeutschland viel Ablehnung. Heute erwächst aus dieser Tat Verpflichtung und Dank!“
von Matthias Damm
Wider das Vergessen Der Arbeitskreis „Weiße Rose Volksdorf – Das Gedenken erhalten, das Gedenken erneuern“ hat sich zur Aufgabe gemacht im Sinne von Demokratie und Humanismus im Rahmen von Veranstaltungen totalitären Gesinnungen aufklärerisch entgegenzutreten. Eine Präsenzbibliothek „Widerstand im Nationalsozialismus“ ist in der Bücherhalle Volksdorf eingerichtet. Im Februar 2021 findet eine Gedenkveranstaltung im Koralle Kino statt.
Last modified: 17. Dezember 2020