Freundeskreis der Asylbewerber e.V. kümmert sich seit 1993 um Geflüchtete – mit ganz viel Herz und Verstand
VOLKSDORF Am Waldweg 185 beherbergt die Einrichtung Fördern & Wohnen 141 Flüchtlinge. Seit 1993 bemühen sich die Ehrenamtlichen vom Freundeskreis der Asybewerber e.V. um die Eingliederung der Geflüchteten, die dort teilweise schon seit mehreren Jahren wohnen. Wegen Corona gibt es aktuell keinen Kontakt zu den Bewohnern. Doch alle warten darauf, dass es endlich wieder losgehen kann.
Von Anja Krenz
Als Silke Mohrs Sohn 1986 in der Schule „An den Teichwiesen“ eingeschult wurde, waren in seiner Klasse zwei Flüchtlingskinder. Diese lebten zusammen mit ihren Familien im Johannes-Petersen-Haus (JPH) an der Schemmannstraße, in dem zu der Zeit vorwiegend Menschen aus dem Iran unterkamen, die während des Ersten Golfkrieges geflüchtet waren. Silke Mohr erzählt, „dass man damals keinen Kontakt zu Flüchtlingen hatte.“ Dennoch kam eine Handvoll Mütter zusammen, die in Kontakt mit den Geflüchteten treten wollten. Die Frauen beschlossen, „das alte Riesenbacksteingebäude zu betreten, um mal zu gucken, was sich hinter den Mauern verbirgt. Es gehörte Mut dazu!“ Die Volksdorferinnen überwanden ihre Ängste, stellten sich der Unterkunftsleitung vor und fragten, ob sie etwas für die Kinder in der Einrichtung tun könnten. Sie konnten. Ein „winziger Raum“ wurde ihnen zugeteilt und der war schnell überfüllt: „Die Frauen wollten Deutsch lernen, die Kinder spielen, aber wir standen mit leeren Händen da.“ Ab da wurde alles, was zu Hause an Spielsachen entbehrlich war, in die Einrichtung gebracht. „Wir haben rund ein Dutzend Kinder betreut und versucht, mit den Müttern ins Gespräch zu kommen“, sagt Silke Mohr. „Einmal pro Woche haben wir Bastelabende angeboten, weil man dabei besser Deutsch lernen kann.“ Das Interesse der Geflüchteten wuchs. „Auf dem Gelände gab es einen leerstehenden Schulpavillon, aus dem wir zusammen mit den Bewohnern einen Kindergarten gemacht haben.“ Die Volksdorfer Mütter betrieben ihn zunächst reihum. Eine Sozialarbeiterin gab den Tipp für eine regelmäßige Lösung: „Wir mussten ein eingetragener Verein werden, um öffentliche Gelder zu bekommen.“ So gründeten 1991 fast 100 Personen den Verein Freundeskreis der Asylbewerber e.V. und stellten eine iranische Frau an, die die Kinder betreute, bis das JPH als Flüchtlingsunterkunft aufgelöst wurde.
Seit 1993 ist der Verein auch am Waldweg tätig und installierte dort ebenfalls einen Kindergarten. Dieser wurde im vergangen Juni dichtgemacht. „Die Mindestzahl von zehn Kindern war nicht mehr gegeben. Und die Behörde wollte sowieso, dass die Kinder in eine städtische Einrichtung gehen“, erklärt Silke Mohr. „Aber das ist schlecht für die neu ankommenden Kinder, die nun nicht mehr direkt am nächsten Tag bei uns starten können.“ Im Fokus stehen nun die Schulkinder, die normalerweise zweimal pro Woche Hausaufgabenhilfe erhalten. Für die geflüchteten Frauen, meist aus Albanien, Afghanistan und Syrien, sind die Ehrenamtlichen wichtige Ansprechpartner. „Wir beantworten Fragen nach dem beste Kinderarzt, wie Formulare auszufüllen sind oder wie man eine Wohnung findet“, erklärt Ute Effinger, die seit 2010 dabei ist und vor anderthalb Jahren den Vorsitz des Vereins übernahm. „Normalerweise treffen wir uns alle vier Wochen am Waldweg und besprechen, was wir zum Beispiel in den Ferien unternehmen.“ Denn dann gebe es zwar keine Veranstaltungen in der Einrichtung, in nicht Coronazeiten aber Angebote für Tagesausflüge: In den Hansa-Park, ins Volksdorfer Schwimmbad, zu Hagenbeck, in den Kletterpark oder zum Grillen auf den Schemmann-Spielplatz.
Vieles, was vorher dazugehörte, muss ausfallen, so auch Flohmärkte: Dort konnten die Bewohner alle zwei Wochen Hausrat und Kleidung für wenig Geld erstehen. Die beliebte Weihnachtsfeier entfiel, und wegen des erneuten Lockdowns gibt es aktuell keinen direkten Kontakt zu den Bewohnern. Doch eine ihrer Kolleginnen kümmert sich online um die Bewerbungen zweier Oberstufenschüler und auch um Praktikumsplätze. „Denn“, sagt Ute Effinger, „so gar nichts machen, liegt uns nicht!“
Last modified: 3. März 2021