Auch in Tierarzt-Praxen gilt das Abstandsgebot
WALDDÖRFER/ALSTERTAL Tierärzte haben zurzeit so viel zu tun wie selten zuvor. Einen Termin gibt es in der Regel nur nach telefonischer Anmeldung. Wir haben nachgefragt, wie sich der Umgang mit Haustieren und der Alltag in den Tierarztpraxen in Zeiten von Corona verändert hat.
Von Matthias Damm
Labrador Ben ist für einen jährlichen Impftermin angemeldet. Mit seinen neun Jahren ist er ein ausgeglichener Geselle, hatte auch in vollen Wartezimmern nie ein Problem mit anderen Fellnasen. Fast könnte man denken, dass ihm die gähnende Leere heute komisch vorkommt: Wir sind gemäß der Corona-Regeln alleine, die anderen Patienten und ihre Besitzer kommen im Viertelstundentakt. Staut es sich zum Beispiel wegen eines Notfalls, bleibt es bei einem Patienten im Wartezimmer, alle nachfolgenden gehen eine extra Runde Gassi oder warten draußen. Mensch und Tier dürfen in dieser Praxis gemeinsam in den Behandlungsraum, was nicht überall so ist. Es gibt Tierärzte, bei denen die Assistenten die Patienten in die Praxis bringen, während die Besitzer draußen warten, draußen die Medikamente entgegennehmen und draußen bezahlen.
„Mit Corona hat sich einiges geändert“, sagt Dr. Sabina von Ahnen, Tierärztin in Volksdorf, „Maske tragen, Hände desinfizieren, Abstand halten. Aber für ein Tier bleibt es enorm wichtig, dass seine Vertrauensperson in der Nähe ist. So ein Arztbesuch ist für viele Tiere purer Stress.“ Sorge vor Ansteckungen war zu Beginn der Pandemie vor einem Jahr oft der Auslöser, wichtige Vorsorgetermine für die Tiere nicht wahrzunehmen. „Das hat sich erfreulicherweise schnell geändert. Heute sind Dinge wie Terminabsprache und die AHA-Regeln zur Routine geworden“, so Sabina von Ahnen. Nicht verstehen kann sie, dass sich viele in Corona-Zeiten ein Tier anschaffen, weil sonst wenig passiert. Wenn das Auslandssemester ausfällt und statt dessen für die Tochter ein Pferd angeschafft wird, muss einem klar sein, dass ein solches Tier einen 20 Jahre begleitet – oder es ist unverantwortlich.“
Dr. Imke Bartels ist als „Tierärztin auf Rädern“ im Hamburger Nordosten unterwegs und hat durch die Hausbesuche einen besonders engen Kontakt zu den Besitzern ihrer Patienten: „In der ersten Welle der Pandemie haben ich mit meinen Kunden aus Sicherheit Zurückhaltung bei den Vorsorgeterminen vereinbart. Das ist aber alles Vergangenheit, die Corona-Regeln werden von beiden Seiten strikt eingehalten. Positiv ist, dass die Tierbesitzer aktuell mehr Zeit für ihre Lieblinge haben, sie sind aufmerksamer und kümmern sich mehr um sie. Viele neue Kunden mit neu angeschafften Tieren sind dazugekommen, sodass ich zurzeit so viele Hausbesuche mache wie nie zuvor.“
Tiere werden aus dem Kofferraum verkauft
Große Sorgen bereiten den Tierärzten die vielen neuen Welpen, die während der Pandemie als Kuschel-Haustier angeschafft wurden. Dr. Günter Becker macht hauptsächlich Urlaubsvertretungen und kennt dadurch eine ganze Reihe norddeutscher Praxen: „Es ist schlimm, was mir dort an Unwissenheit und an skrupellosem Tiergeschäft begegnet. Viele zum Teil aus einem Kofferraum gekaufte Tiere haben lebensbedrohliche Vorerkrankungen. Trotzdem werden derzeit sehr hohe Preise für eine Katze oder einen Hund bezahlt – Hauptsache es kommt ein Kuscheltier ins Haus. Damit aber heizt man den Markt der unverantwortlichen Tierhändler nur an. Mein dringender Rat: Kaufen Sie kein Tier im Internet, sondern immer vor Ort im direkten Kontakt bei einem erfahrenen Züchter.
Last modified: 28. April 2021